"Riot Dancer": Überlebenskampf im Discoschritt

Nach dem für einen Nestroypreis nominierten „Pension Europa“ und „Angry Young Men“ über eine radikalisierte Männergeneration, die wahrgenommen werden will, beendet das Aktionstheater Ensemble die von Regisseur Martin Gruber entworfene Trilogie. Im Mittelpunkt des am Mittwochabend im „Theater am Arsch der Welt“ (Werk x) uraufgeführten Stücks steht der Wunsch nach Veränderung, einer Welt, in der Börsenkurse, Weltwirtschaftskrisen, Terror und die Ohnmacht der Politik das eigene Leben bestimmen. Wir sind alle Getriebene.
Das Bühnenbild fällt – wie in den anderen Stücken – minimalistisch aus. Am schwarzen Boden sind der DAX und der Shanghai Index mit weißer Kreide skizziert. Diese Zick-Zack-Linie wirkt zugleich wie eine Mauer, die es einzureißen gilt. Am Bühnenrand bringen Elektro Guzzi und Florian Kmet je nach Stimmungslage Störgeräusche oder gefühlvolle Melodien ins Stück ein.
Die von der Decke hängende Piñata wird gleich zu Beginn aufgeschlagen. Sie ist aber nicht mit Süßigkeiten, sondern Baseball-Schlägern, Perücken und Requisiten gefüllt. Die Schauspieler (allesamt hervorragend) treten in weißen Jumpsuits als „Riot Dancer“ an. Während sich Kirstin (Kirstin Schwab) im Monolog über Selbstmörder Gedanken macht oder sich Michaela (Michaela Bilgeri) die Frage stellt, wie ihr Leben heute aussehen würde, wenn sie damals nicht 50 Kilo zu viel gehabt hätte, tänzeln die anderen Figuren mit Clown-Perücken und Baseballschlägern im Discoschritt über die Bühne – und 5,6,7,8 … Nur der Spastiker Christian (Christian Rajchl) sitzt in der Bühnenmitte und spielt mit Holzklötzen. Denn dann sei er glücklich, weiß Susanne (Susanne Brandt), die das Ensemble auf der Bühne mamaesk zusammenhält.
Am Ende ist die Apokalypse bzw. der Nervenzusammenbruch unausweichlich. Auf der Bühne herrscht Chaos und beim Publikum eine gewisse Orientierungslosigkeit. Die Börsenindizes wurden in den vergangenen eineinhalb Stunden von den Figuren weggewischt, die Mauer ist überwunden. Wohin mit der gewonnen Freiheit, wie umgehen mit den vielen Möglichkeiten? Erstmal nach Hause - zu aufwühlend und überladen war der Abend. Aber der Wunsch nach Veränderung, nach mehr Klarheit in einer überforderten Gesellschaft ist nur vertagt, nicht aufgehoben.
KURIER-Wertung:
Termine "Riot Dancer": 14 und 15. Jänner jeweils um 19.30 Uhr im Werk x (Oswaldgasse 35A, 1120 Wien).
Special: Am Samstag, 16. Jänner (ab 18.30 Uhr), zeigt das Aktionstheater Ensemble alle drei Teile der „Riot Dancer"-Trilogie.
Schauspieler Susanne Brandt, Michaela Bilgeri, Isabella Jeschke, Andreas Jähnert, Alexander Meile, Christian Rajchl, Kirstin Schwab, Hubert Wild.
Regie: Martin Gruber. Dramaturgie: Martin Ojster. Musik: Elektro Guzzi mit Florian Kmet.
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