„Rheingold“ am Grünen Hügel: Da spielt die Musik

Das Rheingold
Auftakt zum „Ring des Nibelungen“ in Bayreuth: Ein Triumph für Dirigentin Simone Young, Jubel für die Sänger.

Die Dirigentin macht den Unterschied.

Tag 2 bei den Bayreuther Richard-Wagner-Festspielen – und Simone Young steht am Pult. Sie leitet „Rheingold“, und man denkt zunächst einmal an die „Meistersinger“, was einigermaßen bizarr, aber erklärlich ist, weil man vernimmt, wie Wagner klingen und gestaltet werden kann, nämlich wesentlich besser als tags zuvor von Daniele Gatti. Young, die im vergangenen Jahr als erste Frau überhaupt den „Ring“ in Bayreuth dirigiert hatte (etwas, worüber sie sich keinesfalls definiert, weil es ja um Qualität geht und nicht um das Geschlecht), entwickelt die Geschichte von den Es-Dur-Akkorden aus den Tiefen des Rhein bis zum Einzug in Walhall phänomenal, da ist nichts zu schnell, oder zu langsam, sondern alles logisch, da wird jedes musikalische Detail hörbar, und sie atmet mit den Sängerinnen und Sängern. Die Zwischenspiele sind ebenso packend wie die dramatischen Ausbrüche – wieder eine Meisterleistung, wie zuletzt auch bei „Rheingold“ an der Mailänder Scala.

Gespielt wird zum letzten Mal in der Inszenierung des Österreichers Valentin Schwarz, im kommenden Jahr setzt Bayreuth auf Künstliche Intelligenz als Regisseur, was auch immer das wird. Schwarz hat seine Familienaufstellung der Wotan-Gang kontinuierlich und plausibel weiterentwickelt.

Krimi in Oberfranken

Alberich und der Göttervater sind Brüder, das gestohlene Gold ist ein Kind, die Vermenschlichung der Geschichte funktioniert gut, die Bühne (Andrea Cozzi) und die Kostüme (Andy Besuch) machen den „Ring“ ganz heutig, es ist packend wie eine der guten Streaming-Serien, ein echter Bayreuther Krimi.

Gesungen wird großteils famos und enorm wortdeutlich, Letzteres liegt wohl auch an Young.

Das Rheingold

Mächtige Stimmen

Tomasz Konieczny ist wieder der Wotan mit enorm viel Kraft, wenn er loslegt, erbebt der Himmel. Olafur Sigurdarson ist ein herausragender Alberich, er spielt, als ginge es wirklich um die Zukunft von Nibelheim und der ganzen Welt, und er singt mitreißend, ausdrucksstark, präzise, jede Phrase gestaltend. Christa Mayer, tags zuvor noch die Magdalene in den „Meistersingern“, ist eine präsente und gute Fricka, Christina Nilsson (sie ist die Eva in den „Meistersingern“) steht ihr als Freia um nichts nach.

Daniel Behle zeichnet den Loge als windigen Anwalt und stimmlich gut, Nicholas Brownlee (Donner) und Mirko Roschkowski (Froh) haben Potenzial nach oben. Die Riesen (Patrick Zielke als Fasolt und Tobias Kehrer als Fafner) sind mächtig besetzt, Anna Kissjudit ist eine fabelhafte Erda, Ya-Chung Huan ein solider Mime.

Die Rheintöchter (Katharina Konradi, Natalia Skrycka, Maria Henriette Reinhold) runden ein ausgezeichnetes Ensemble ab.

Nicht nur die Dirigentin machte beim Vorabend zum „Ring des Nibelungen“ den Unterschied – auch der Applaus. Jubel, Getrampel, Begeisterung.

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