Fendrich beginnt sein Konzert mit „Rock ’n’ Roll Band“ vom aktuellen Album „Starkregen“. Das ist ein Lied, in dem die Gemütlichkeit über den Rock triumphiert, aber die Stimmung ist von Beginn an gut. Mit „Haben Sie Wien schon bei Nacht geseh’n“ geht es mit knurrenden Gitarren weiter, das Publikum ist restlos begeistert.
Fendrich lässt sich von einer vierköpfigen Band begleiten, diesmal gibt es weder heulende Background-Sängerinnen noch hustende Saxofone, Gott sei Dank, ist man verführt, zu sagen.
Risiko
Der Sänger geht durchaus das Risiko ein, viele neuere Songs zu spielen. Und sein Publikum ist treu genug, auch diese mit großem Applaus zu würdigen. Dazu gibt es die erwartbaren Hits: „Schickeria“, „Tränen trocknen schnell“, „Vü schöner is des G’fühl“. Für leichte Irritationen sorgt der musikalische Höhepunkt des Konzerts, das abgründige, ausgezeichnet gespielte Stück „Kein schöner Land“, das kein bisschen von seiner Aktualität verloren hat.
„Tango Korrupti“ muss angesichts der Tagespolitik natürlich auch sein und wird hier zur „Salsa Korrupti“.
Der begnadete Entertainer Fendrich – der übrigens ausgezeichnet bei Stimme ist – unterhält sein Publikum auch immer wieder mit kleinen, kabarettnahen Ansprachen, die niemandem weh tun und allen Spaß machen. Am meisten Applaus bekommt er, als sagt: „Wenn wir etwas gelernt haben in der Pandemie, dann ist es, wie sehr man Nähe vermisst, wenn sie nicht mehr da ist.“
In der Mitte gibt es eine zwanzigminütige Pause, damit alle die Blase ausleeren und Bier nachfüllen können, dann geht es weiter mit neuen Stücken, etwa „Social Media Zombie“, eine milde Abrechnung mit Smartphone-Sucht.
Dann kommen die ersten großen Mitsing-Hits, „Midlife Crisis“ und „Es lebe der Sport“. Danach ist „Blond“, diese dreist von „Go West“ abgekupferte Skihüttenschlager-Stilübung, leider unvermeidbar. Das Publikum springt auf und stürmt vor die Bühne, was Fendrich ein sehr zufriedenes Lächeln abringt.
Zum Abschluss spielt Fendrich solo auf der Gitarre „Macho Macho“, „Zweierbeziehung“ und „Oben ohne“, und danach sind „Strada del Sole“, „I Am From Austria“ und „Weust a Herz hast wie a Bergwerk“ unvermeidlich.
Fazit: Ein manchmal nah am Schlager gebautes, kurzweiliges, bis an die Grenze des Erträglichen nettes Konzert.
Rückblende
Vor genau 40 Jahren erschien Fendrichs zweites Album „Und alles is ganz anders word’n“, mit hoch poetischen, zwischen Traurigkeit und Aufbegehren wechselnden Liedern wie „Deine Mutter“ oder „Sonnenuntergänge“ (vielleicht sein bestes Lied). Schade, dass diese Stücke heute fast niemand mehr kennt. Ganz zu schweigen von „Ich wollte nie einer von denen sein“ vom Debüt.
PS: Am 3. Juli 2022 spielt Fendrich mit Orchester vor dem Schloss Schönbrunn. Der Kartenvorverkauf hat begonnen.
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