Die Regisseurin verortet das Stück, 1913 uraufgeführt, zwar in der viktorianischen Zeit (die männlichen Figuren tragen gerne Smoking, die weiblichen immer Kleider), besetzt Eliza Doolittle, das Blumenmädchen, aber zunächst mit einem Mann – und Professor Higgins mit einer Frau: Die Möglichkeit einer „Romanze“ (mit sanftem König-Drosselbart-Sadomasochismus als Männerfantasie) ist damit bereits im Keim erstickt.
Zudem kommt Tim Breyvogels belämmert dreinblickende Eliza von der Artikulation her nicht aus der Gosse: Die Satzstellung der Kunstsprache ist falsch, bei den Präpositionen und den Fällen hapert es. Der mephistophelische, arrogante Phonetiker der Julia Kreusch hingegen legt im Ausdruck eine deutsche Schnoddrigkeit – „Nun is’ mal gut!“ – an den Tag. Damit würde er es nicht weit bringen auf der Party des Botschafters.
Die Botschaft hingegen formuliert Brauer-Kvam überdeutlich: Eliza wird ihrer Identität beraubt. Und deren Hut dient als Stafette: Breyvogel übergibt die Rolle an Caroline Baas (als marionettenhaftes Opfer im Umerziehungsprozess) und diese an Fanny Krausz (als fertiges Produkt), das sogar perfekt „Für Elise“ spielen kann.
In der feinen Gesellschaft redet man Holler, statt einer Mutter hat Higgins eine empathische Schwester (Laura Laufenberg), die als Schauspielerin gerade in Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ die Beatrice spielt, und so besucht man eben eine Vorstellung: Monika Rovan hat, um dem Publikum den Spiegel vorzuhalten, als Vorlage für das Bühnenbild den Saal des Landestheaters hergenommen. Ein goldenes Kalb taucht auch auf. Und Kyrre Kvam untermalt das Geschehen mit Musik, Geräuschen und Shakespeare-Sonetten.
Oberst Pickering (Tobias Artner) darf zum Glück sehr menschlich agieren, auch „My Fair Lady“ zitieren. Gegen Ende hin nehmen die Querverweise und Anspielungen zum Glück ab. Dann wird der Abend richtig gut.
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