Wie Briefkastenfirmen Kunsthandel betreiben

Das Gebäude der Ports Francs et Entrepôts de Genève S.A. neben einer Straße.
Die Panama-Papers zeigen, wie eine Kunsthändler-Familie Briefkastenfirmen nutzt, um Kunstwerke zu verstecken.

Es ist kein Geheimnis, dass im Genfer Zollfreilager – auch Freeport genannt – Kunstwerke im Wert von Milliardenhöhe lagern. Im Zollfreilager bzw. Freeport Genf können Güter steuer- und zollfrei gelagert werden, bevor sie in ein anderes Land weitertransportiert werden. Das machen sich auch Händler von Kunst und anderen Luxusgütern zu Nutzen. Alleine im ältesten Freeport, dem in Genf, sollen beispielsweise 1,2 Millionen Kunstwerke und drei Millionen Flaschen Wein lagern. Werden Waren weiterverkauft, gilt das Prinzip "Der Letzte zahlt". Was bedeutet, dass nur der Steuer zahlt, der die Waren aus dem Netz der Freeports in die "echte Welt" bringt. Schon 2012 sagte Alfred Weidinger, Klimt Experte und Vizechef des Belvedere, gegenüber dem KURIER, dass das Zollfreilager "nach dem Belvedere die zweitgrößte Klimt-Sammlung der Welt" ist. Aber was genau und in welchem Wert in dem Hochsicherheits-Lagerhaus in der Schweizer Hauptstadt liegt, weiß niemand so genau.

Nazi-Raubkunst

Allerdings weiß man, dass sich dort das Bild "Sitzenden Mann mit einem Stock" des talienischen Malers Amadeo Modigliani befand - die Genfer Staatsanwaltschaft beschlagnahmte am Freitag dort das Werk im Rahmen von Ermittlungen zu den Panama-Papers. Dabei handelt es sich um ein Gemälde im Wert von rund 25 Millionen US-Dollar aus der Sammlung des jüdischen Kunstsammlers Oscar Stettiner. Dieser floh 1939 vor den Nazis aus Paris. Die Nazis wiederum beschlagnahmten das Bild und sollen es verkauft haben. 1946 versuchte Stettiner das Bild zurückzubekommen, starb aber zwei Jahre später. Seit Jahren will nun sein Enkel Philippe Maestracci das Werk in den Familienbesitz zurückzuholen.

Wem gehört das Bild?

Bei der Frage, wem das Bild eigentlich gehört, wird es kompliziert. Auf der einen Seite steht Maestracci als wohl rechtmäßiger Erbe. Wer auf der anderen Seite steht, ist hingegen unklar. Auf dem Papier wird das Bild von der Briefkastengesellschaft "International Art Center" mit Sitz in Panama gehalten - verwaltet von Mossack Fonseca. Gerichtsunterlagen aus den USA belegen, dass das "International Art Center" das Werk 1996 bei einer Auktion in London für 3,2 Millionen erstanden hat. Aus einer nicht weiter bekannten privaten Sammlung. Zwei Jahre später zeigte eine Galerie, die dem Sammler David Nahmad zuzuordnen ist, das Bild. Das berichten sueddeutsche.de und tagesschau.de.

Familie Nahmad

Der Name David Nahmad ist in der Kunstwelt bekannt. Geboren im Libanon, lebt der Sammler mittlerweile in Monaco und betreibt unter anderem mit seinem Bruder Ezra einen Kunsthandel. Die Galerie, in der das Modigliani-Bild ausgestellt wurde, gehört wiederum seinem Sohn Helly Nahmed. Laut Forbes liegt das Vermögen der Familie bei mehr als drei Milliarden US-Dollar.

Es spricht also vieles dafür, dass hinter dem "International Art Center" ebenfalls die Familie Nahmad steht. Dem widerspricht die Familie aber. Zumindest sagten mehrere Familienmitglieder vor unterschiedlichen Gerichten in den USA aus, dass das Bild im Besitz der "International Art Center" sei und wem die Firma gehöre, müsse man in Panama erfragen. Dokumente der Briefkastenfirma wurden immer nur von Mitarbeitern der Mossack Fonseca unterschrieben.

Panama-Papers zeigen Firmenstruktur

Nun bringen die Panama-Papers Licht ins Dunkel. Den Unterlagen nach wird das "International Arts Center" seit mehr als zwanzig Jahren von der Familie Nahmad kontrolliert. David Nahmad war bis Januar 2014 alleiniger Gesellschafter der Briefkastenfirma. Gegründet wurde sie 1995 von Guiseppe Nahmad – dem verstorbenen Bruder von David Nahmad – mit Hilfe der Schweizer Bank UBS.

Guiseppe Nahmad kontrollierte auch die Briefkasten "Swinton International". David Nahmad erhielt 1995 die Vollmacht, fünf Gemälde zu verkaufen. Ein Bild von Picasso, ein Degas, zwei Gemälde von Henri Matisse und eines von Raoul Dufy. Einige davon tauchten später in Katalogen auf, angeblich aus einer "Privatsammlung", schreibt tagesschau.de.

Besitzverhältnisse "irrelevant"

Ob die Information, wem die Briefkastenfirma "International Arts Center" gehört, dem Erben Maestracci hilft, bleibt fraglich. Denn der Anwalt der Familie Nahmad sagt, es sei "irrelevant", wem die Firma gehöre. Entscheidend sei, dass Maestracci vor Gericht bisher nicht ausreichend beweisen konnte, dass das Bild aus Oscar Stettiners Besitz gestohlen worden ist.

Kommentare