Oscar-Gewinnerin Ruth Prawer Jhabvala gestorben
Sie lebte in Köln, London, Delhi und New York. Sie schrieb über Außenseiter und Ausländer in verschiedenen Kulturen. Die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Regisseur James Ivory und dem indischen Produzenten Ismail Merchant machte sie weltberühmt und brachte ihr zwei Oscars. Mit 85 Jahren ist die Schriftstellerin und Drehbuchautorin Ruth Prawer Jhabvala in ihrer letzten Heimat Manhattan gestorben. Sie erlag am Mittwoch einer langen Krankheit, berichtete die "Los Angeles Times" unter Berufung auf Jhabvalas Tochter Firoza.
Die Künstlerin wurde 1927 in Köln geboren. Als Tochter eines jüdischen Anwalts aus Polen und einer Mutter aus bürgerlich-jüdischer Familie floh sie 1939 als junges Mädchen mit Eltern und Geschwistern nach England. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr sie, dass die gesamte Familie ihres Vaters in den Konzentrationslagern umgekommen war. Ihr Vater beging 1948 Suizid. Drei Jahre später, nach dem Literaturstudium in London, heiratete sie den indischen Architekten Cyrus Jhabvala und zog mit ihm nach Delhi.

Bereits Anfang der 1960er-Jahre hatten sich Ivory, Merchant und Jhabvala in Indien zusammengetan. Nach dem Umzug der Autorin nach New York um 1975 schrieb sie fast alle Drehbücher, meist nach literarischen Vorlagen, für die Gesellschaftsdramen und Kostümfilme des Teams. Den internationalen Durchbruch schafften sie 1979 mit der eleganten Verfilmung des Henry-James-Romans "Die Europäer".
Die Darstellungen der englischen Gesellschaft in "Zimmer mit Aussicht" Mitte der 80er-Jahre und "Wiedersehen in Howards End" von Beginn der 90er nach den Romanen von E. M. Forster brachten insgesamt sechs Oscars ein, beide Male ging dabei die Drehbuch-Trophäe an Jhabvala. Das Sittengemälde "Was vom Tage übrig blieb" mit Anthony Hopkins und Emma Thompson als Hausangestellte bescherte ihr eine weitere Oscar-Nominierung.
In Frankreich siedelte das Trio seine Filme "Jefferson in Paris", "Mein Mann Picasso" und die moderne Romanze "Eine Affäre in Paris" (2003/4) an. Nach Merchants Tod im Jahre 2005 taten sich Ivory und Jhabvala noch einmal für "The City of Your Final Destination", einem Drama über jüdische Emigranten in Südamerika zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, zusammen. Die Schriftstellerin arbeitete bis ins hohe Alter. Ihre letzte Kurzgeschichte für das US-Magazin "The New Yorker" wurde im März gedruckt. Darin kehrte Jhabvala literarisch nach Delhi zurück, in das Leben einer Ehefrau, die mit der langjährigen Geliebten ihres Mannes konfrontiert wird.
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