Oscar-Gewinnerin Janney: „Sie sagte schreckliche Dinge“

Oscar-Gewinnerin Janney: „Sie sagte schreckliche Dinge“
Für ihre Rolle als Mutter von Tonya Harding in „I, Tonya“ erhielt sie soeben den Oscar

Ein Golden Globe, ein Oscar, ein Screen Actors Guild Award. Allison Janney gewann in den vergangenen drei Monaten ebenso viele Auszeichnungen und alle für dieselbe Rolle. Als Tonya Hardings Mutter LaVonna in „I, Tonya“ brillierte die Charakterdarstellerin, deren Talent schon vor 20 Jahren in der genialen Politserie „West Wing“ auffiel. Dazwischen lagen mehrere kleine Filme und die Sitcom „Mom“, die weltweit ausgestrahlt wird.

Ein Gespräch über gute Mütter, böse Mütter und verrückte Mütter.

KURIER: Sie spielen die Mutter der Eiskunstläuferin Tonya Harding, die weniger für ihre Kür bekannt ist als für ihren Ex-Mann, der ihrer Konkurrentin Nancy Kerrigan das Knie brechen ließ. Lernten Sie nicht selbst mal eislaufen?

Allison Janney: Als Kind wollte ich unbedingt die olympische Goldmedaille im Eiskunstlauf gewinnen. Meine Eltern führten mich täglich um fünf Uhr früh zum Training. Aber als ich 17 war, hatte ich einen Unfall, und damit war der Traum vom olympischen Gold vorbei. Außerdem bin ich 1 Meter 82, und Eiskunstlauf ist ein akrobatischer Sport. Mehr als zwei Doppelaxel schaffte ich nicht. Ich bin bei den Dreharbeiten zum ersten Mal nach Jahrzehnten wieder eisgelaufen, und ich liebe es noch immer. Ich bin nach wie vor sehr gut. Vielleicht könnte ich ja eine Nebenkarriere als Eistänzerin haben, so à la Torville und Dean!

 

Der Drehbuchautor hat die Rolle extra für Sie geschrieben, nicht wahr?

Ja, Steven Rogers ist ein alter Freund, und mir bleibt nichts anderes übrig, als zu lachen, denn er hat hier so ein Monster von einer Frau kreiert – und natürlich basiert das alles auf der wahren Person – aber dann zu sagen, „ich weiß genau, wer das spielen sollte, ich habe die Rolle auf sie zugeschnitten“, ist irre. Soll ich das nun als Kompliment oder Beleidigung auffassen? Aber ich sah natürlich auch die Möglichkeiten, die diese Rolle bot. Ich konnte herausarbeiten, dass diese Frau, deren Erziehungsmethoden mehr als fragwürdig waren, trotz allem ja nur das Beste für ihre Tochter wollte. Es ist ganz offensichtlich, dass LaVonna Harding selbst eine entsetzliche Kindheit hatte, in der sie misshandelt wurde. Und daher vollkommen unfähig war, ihre Tochter positiv zu unterstützen. Sie sagte schreckliche Dinge zu ihrem Kind, weil sie fest davon überzeugt war, dass sie damit Tonya zu einer stärkeren Sportlerin machen würde. Und ich kann das auf eine gewisse Weise nachvollziehen: Ich spielte als Teenager oft Pingpong mit meinem Vater, und wenn er mich lobte, ging der nächste Schuss mit Sicherheit daneben, und das machte mich wütend. Aber wenn er sagte, du spielst schlecht, dann löste das in mir die Reaktion aus, „ach wirklich? Dir werd ich’s zeigen!“. Und genau das war auch Tonyas Reaktion. Sie wurde besser, wenn man sie kritisierte.

Ist die Beschreibung von LaVonna nicht etwas einseitig?

Ja, denn wir hatten ja nur Tonyas Version der Ereignisse. LaVonna war nirgends zu finden, wir konnten sie nicht fragen, konnten nicht recherchieren. Sie hat einen anderen Namen angenommen. Das Einzige, das wir von ihr hatten, war ein Foto im Pelzmantel mit der Frisur und dem Vogel auf der Schulter. Und diesen Look haben wir kopiert.

Wie war Ihre Beziehung zu Margot Robbie, die Sie im Film schlagen, treten und stoßen?

Mit Margot war’s nicht so schlimm, aber mit McKenna Grace, die Tonya als Mädchen spielt, war es arg. Ich musste sie abwatschen, sie mit einer Haarbürste schlagen, aus dem Auto treten. Und die Kleine sagte: „Miss Janney, machen Sie sich nichts draus, die Kostümbildnerin hat mich so stark ausgepolstert, Sie können ruhig härter hinhauen.“ Mir kamen die Tränen.

Die Hardings kommen aus der untersten Gesellschaftsschicht, Sie selbst sind gehobene Mittelklasse, wo Kunst, Bildung und Manieren wichtig waren …

Ja, mein Vater war Jazzmusiker, meine Mutter Bühnenschauspielerin. Meine Mutter war das Gegenteil von LaVonna Harding. Liebevoll, warmherzig, unterstützend. Eine Frau, bei der die Salatgabel immer auf der richtigen Seite lag, und die die Serviette perfekt faltete.

In der TV-Sitcom „Mom“ spielen Sie keine böse, sondern eine schlechte, aber liebenswerte Mutter.

Ja, aber sie ist total verrückt, weil wir hier ja die Lacher erzielen wollen. Ich liebe diese Serie übrigens. Sogar mehr als „West Wing“, und die Arbeit daran brachte mir wirklich viel Freude, weil ich das Ensemble so mochte. Aber bei „Mom“ liebe ich meine Kollegin Anna Faris. Sie ist eine so herzliche Person.

Sie sind sehr groß. Tragen Sie trotzdem Stöckelschuhe?

Ja, manchmal, denn man fühlt sich sexyer. Und nach dem meine Boyfriends sowieso immer kleiner sind als ich, ist es auch schon egal. Das war schon in der Schule so. Ich bin übrigens die einzige Amerikanerin, die das Konzept des „Datings“ nicht versteht. Ich verstehe Rendezvous, aber nicht Dates. Ich habe Männer immer kennengelernt, weil wir denselben Freundeskreis haben. Das erscheint mir viel natürlicher und entspannter. Ich wäre vermutlich furchtbar langweilig auf einem ersten Date.

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