ORF-Chefredakteur Schrom bat ÖVP-nahen PR-Mann um "Vitamin B"

ORF-Chefredakteur Schrom bat ÖVP-nahen PR-Mann um "Vitamin B"
Mailverkehr aus 2007 aufgetaucht - Schrom wollte damals vom Landesstudio Wien nach Tirol und später zur "ZiB"

Dass der neue ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom ein Personalwunsch der FPÖ war, gilt auf dem Küniglberg als offenes Geheimnis. Ob er selbst sich um politische Unterstützung bemüht hat, ist jedoch unklar. Nun sind auf dem Tiroler Blog dietiwag.at alte Mails aufgetaucht, in denen Schrom vor elf Jahren einen ÖVP-nahen Lobbyisten um „Vitamin B“ bat, um vom Landesstudio Wien in die „Zeit im Bild“ wechseln zu können.

Der Mailverkehr, der auf dem Blog in Teilen publiziert worden ist, verläuft von 25. Jänner 2007 bis Ende November desselben Jahres. Schrom wendet sich darin an einen ÖVP-nahen Tiroler PR-Mann und bittet ihn zunächst, ihn bei einem internen Aufstieg zu unterstützen: Er wollte sich als Chefredakteur im Landesstudio Tirol bewerben. Zu dem Zeitpunkt war Schrom Chef vom Dienst bei „Wien heute“.

"Diesen oder anderen Schritt setzen"

Schrom bat den PR-Mann am 25. Jänner laut Mailverkehr, für ihn beim damaligen Informationsdirektor Elmar Oberhauser vorstellig zu werden. „Nach dem Urlaub möchte ich den diesen oder anderen Schritt setzen. Kannst du bis dahin vielleicht klären bitte, ob ich Oberhauser treffen kann. […] Vielleicht kannst du Plan B (im Falle des Scheiterns des CR Wunschtraumes ) indirekt vorbereiten bzw. ansprechen: Nämlich einen Wechsel zur F1 (ZIB oder so).“

Der damalige Landesdirektor in Tirol, Kurt Rammerstorfer, reagierte offenbar nicht auf das Drängen Schroms, ihn zu einem Vorstellungsgespräch zu treffen.

Dafür wurde in der Zwischenzeit auch ein Ö3-Chefredakteur gesucht. Am 23. April schrieb Schrom also an den Lobbyisten: „Meine Strategie wäre folgende: Sollte irgendein Signal von Ram (Rammerstorfer, Anm.), bewirb ich mich nur um das in Tirol. Falls nicht, dann bewirb ich mich um beides.“

Treffen mit Oberhauser

Zwei Tage später schrieb der PR-Mann zurück, er treffe „morgen OE (Oberhauser, Anm.), dann weiß ich mehr“. Schrom antwortet, dass die Wiener Landesdirektorin Brigitte Wolf ihn auf seinen geplanten Jobwechsel angesprochen habe.

Fakt ist: Schrom erhielt weder den einen, noch den anderen Job. Dafür beackerte er im November erneut seinen Kontaktmann, diesmal wegen eines Wechsels in die „Zeit im Bild“: „Ich will irgendwie nicht direkt mit Oberhauser in Kontakt treten, weil das dann der Amon (Karl, damals Chefredakteur der aktuellen TV-Information und somit quasi Vor- Vorgänger Schroms, Anm.)  als illoyal empfinden könnte. [...] deshalb bitte ich dich um Hilfe -  und zwar, wenn du Oberhauser das nächste mal triffst, wäre es toll, wenn du ihm folgendes sagen könntest: ‚Der Schrom sitzt schon in den Startlöchern…‘“ Und: „Ich wäre dir wirklich wahnsinnig dankbar. Das Problem ist tatsächlich, dass der Wrabetz spart…“

"Dann brauche ich glaube ich etwas Vitamin B"

Der PR-Mann antwortet: „Lieber Matti – mein großer Freund! Werde das am Freitag erledigen – lass uns am Samstag telefonieren“

Schrom schreibt zurück: „Wenn das noch irgendwann in halbwegs überschaubarer Zeit passieren soll, dann brauch ich glaube ich etwas Vitamin B – anscheinend macht der Wrabetz derzeit gar nix.“  Schrom musste sich dennoch in Geduld üben: Erst im Februar 2010 wurde er Innenpolitik-Redakteur der und stellvertretender Ressortleiter der Chronikredaktion.

ORF: "Mails unter Freunden"

Der ORF sprach am Dienstagnachmittag ein einer Stellungnahme von "Mails unter Freunden". Dies kommentiere man nicht. Der Inhalt der Mails seien "unverbindliche Überlegungen über Meetings". Diese hätten nachweisbar "keine Auswirkungen auf die darin erwähnten Funktionsbestellungen" gehabt "und schon gar nicht auf die aktuellen". Schrom sei ein langjähriger journalistischer ORF-Profi, dessen fachliche Qualifikation auch von ORF-Kritikern unbestritten sei.

Was sagt das Gesetz?

Verstößt Schroms Mailverkehr gegen das ORF-Gesetz? Vordergründig nicht. Allerdings dürfte die Preisgabe von unternehmensinternen Informationen an Außenstehende (und zwar nicht zur Verschwiegenheit Verpflichtete wie z.B. Rechtsanwalt oder Steuerberater) mit einem üblichen Dienstvertrag nicht gut zu vereinbaren sein - darin ist man als Dienstnehmer zur Verschwiegenheit verpflichtet. Und der Versuch, die eigene ORF-interne Karriere durch Außenstehende beschleunigen lassen zu wollen zeigt, dass Schrom offenbar nicht darauf vertraute, dass die Bewerbung/Beförderung auf dem normalen Weg (§ 27 Abs 2 ORF-G: Bei der Auswahl von Bewerbern + bei Beförderung ist "in erster Linie die fachliche Eignung zu berücksichtigen") funktionieren würde.

Entweder also wusste also Schrom, dass er nicht die Eignung hat und wollte daher unlauteren Einfluss nehmen (bzw. die Entscheider zu einer gesetzwidrigen Handlung verleiten). Oder er war der Auffassung, ohne Einfluss eines außenstehenden Lobbyisten würden die Entscheider nicht die gesetzmäßige Entscheidung treffen, gerade ihn als den Geeignetsten auszuwählen.

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