Nino Haratischwilis „Herbst der Untertanen“: Kein Entrinnen aus der Endspiel-Hölle

Nino Haratischwilis „Herbst der Untertanen“: Kein Entrinnen aus der Endspiel-Hölle
Erstaufführung eines Stücks von Nino Haratischwili im Nestroyhof: Michael Gruner hinterließ eine packende Inszenierung

Martin Kušej wollte schon längst am Burgtheater „Geschlossene Gesellschaft“ von Jean-Paul Sartre herausgebracht haben – als Kommentar zu Covid-19. In einem Monat soll nun tatsächlich Premiere sein, sofern die Pandemie es zulässt, allerdings mit Tobias Moretti statt Klaus Maria Brandauer.

Der Nestroyhof Hamakom zeigt derweilen – ebenfalls mit großer Verspätung – als österreichische Erstaufführung ein ähnlich gelagertes Stück: Auch in „Herbst der Untertanen“ der georgischen Schriftstellerin Nino Haratischwili, 1983 geboren, machen sich drei Menschen das Leben zur Hölle.

Draußen tobt ein Bürgerkrieg: Der General und seine Frau sind verschwunden, in der Residenz harren nur die Köchin Rina, die Haushälterin Kaela und die junge Aushilfe Luci aus. Ein „Endspiel“ hat begonnen: Rina lässt jeden Tag aufkochen, weil der General doch wieder kommen könnte. Herrisch, höhnisch lachend, mit blitzenden Augen regiert sie über die anderen – und Christine Dorner, 1948 in Graz geboren, macht das bravourös.

Ein Psychodrama

Katharina Schumacher revoltiert als Kaela gegen das Festhalten an der alten Ordnung: Sie liefert sich mit der gebückten, aber zähen Alten ein brutales, existenzielles Psychodrama. Man bohrt genüsslich in biografischen Wunden, macht sich gegenseitig fertig. Zwischen den Fronten verzweifelt die Luci der Tonia Fechter. Aber auch für sie, das Flüchtlingskind, gibt es kein Entrinnen.

Als Bühnenbild reicht die Innenarchitektur des Nestroyhofes mit seiner Balustrade. Die schnörkellose, packende Inszenierung ist so etwas wie ein Vermächtnis: Regisseur Michael Gruner – er war ein exzellenter Schauspieler – starb in der Nacht auf den 20. Oktober.

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