Nachruf auf Lynyrd Skynyrd: Der letzte Vogel aus dem Süden

Nachruf auf Lynyrd Skynyrd: Der letzte Vogel aus dem Süden
Mit Gary Rossington starb das letzte originale Mitglied der Band, die den Southern Rock entscheidend prägte

Wer die gute alte Zeit in Rockdimensionen erleben will, landet irgendwann im Süden der USA. Das Genre „Southern Rock“ ist eines der weißen Männer, die gerechten Mutes und mit viel Dosenbier viel Zeit unter dem freien Himmel verbrachten. Freiheit in Form von Gitarrensoli, langen Haaren, Jeans und dem Gefühl, man müsse sich von den liberalen Kräften der USA nichts bieten lassen. Lynyrd Skynyrd sind ein Kulminationspunkt dieser Auslegung aus populärkulturellem Sandsturm und Testosterondrang. Die Band wurde bei einem Flugzeugabsturz 1977 fast zu Gänze ausgelöscht. Nun starb das letzte lebende Gründungsmitglied, Gary Rossington, im Alter von 71 Jahren.

Was bleibt? Eine Zeitkapsel aus einer Ära, in der es völlig ok war, die Südstaatenfahne bei Konzerten zu hissen (sie erinnert an den Kampf gegen die Abschaffung des Sklavenhandels) und einfach „free“ zu sein. Rossington steuerte zu diesem Feeling eines der prägendsten Soli der Rockgeschichte bei: Der letzte Teil des Songs „Free Bird“ dreht sich ausschließlich um die wabernde Gitarre, ein Höhepunkt einer Ode auf das Ungebundensein. Der Song ist ein Monolog eines Mannes, der seinem „Girl“ erklärt, dass es ohnehin keinen Sinn mache, zu bleiben, da sie ihn wahrscheinlich ohnehin vergessen werde, sobald er weiter gezogen sei. „'Cause I'm as free as a bird now – And this bird you cannot change.“

Der liebe Gott wisse da auch Bescheid („Lord knows, I can’t change“). So simpel ist das Leben manchmal.

Melancholiesound

Lynyrd Skynyrd spielten keinen harten Rock, sondern einen die Südstaaten besingenden Melancholiesound, der in einem der bemerkenswertesten Beefs der Popgeschichte gipfelte: Der große Intellektuelle des Rock, der Kanadier Neil Young hatte 1970 das anklagende Stück „Southern Man “ veröffentlicht, das sich kritisch mit der Rolle der Südstaaten in der Sklaverei beschäftigte.

Lynyrd Skynyrd konterten mit der Zeile: „I hope Neil Young will remember –

A Southern man don't need him around anyhow“. Der liberale Querkopf aus dem Norden brauche sich kein Urteil über Schuld und Unschuld anmaßen. Der Welthit „Sweet Home Alabama“ (1974) war geboren – es ist die Ode an die Südstaaten und schaffte es auch als eines der wenigen Lynyrd Skynyrd-Stücke über den amerikanischen Kulturraum hinaus.

So ungewöhnlich diese Auseinandersetzung war – sie bildete auch eine Harmlosigkeit ab, die der Konflikt zwischen halsstarrigen Rednecks und der gebildeten Political Correctness-Front aus der Upper Class von New York und Kalifornien längst nicht mehr hat. Spätestens seit Donald Trump hat er sich von einem ehrgeizigen Match über die Deutungshoheit hin zu bewaffneten Milizen, Verschwörungstheorien und blankem Hass gewandelt. Der Süden der USA hatte seinen Sound. Heute wird er von dröhnendem Gebrüll übertönt .

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