Mutter Teresa: Punkrock statt Klaviermusik

Noomi Rapace als Mutter Teresa.
In ihrem packenden Bio-Pic über Mutter Teresa entwirft Teona Strugar Mitevska das Bild einer ehrgeizigen Frau zwischen Hochmut und Hingabe.

Wer an Mutter Teresa denkt, hat eine alte Frau mit blau-weißem Schleier vor Augen. Geboren 1910 im heutigen Skopje, Nordmazedonien, und verstorben 87-jährig in Kalkutta, galt sie als Inbegriff von Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe. In der katholischen Kirche wird Mutter Teresa als Heilige verehrt, wiewohl ihre Person und ihr Arbeit mittlerweile auch umstritten sind.

Was immer man für ein Bild von der Ordensschwester haben mag, eine jugendliche Gestalt in Form der schwedischen Star-Schauspielerin Noomi Rapace ist in jedem Fall überraschend. Ebenso ungewöhnlich: Punkrock-Musik, tanzende Klosterschwestern und eine schwangere Nonne.

Tatsächlich entwirft die nordmazedonische Regisseurin Teona Strugar Mitevska ein höchst ungewöhnliches und komplexes Porträt ihrer Landsfrau. „Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten“ (derzeit im Kino) erzählt von der 37-jährigen Teresa, die im Jahr 1948 als Mitglied der Loretoschwestern in Kalkutta im Kloster lebt. Sie hofft auf einen Brief aus dem Vatikan mit der Erlaubnis, ihren eigenen Orden zu gründen. Während sie angespannt auf die Zusage hofft, gerät sie in eine persönliche Krise, ausgelöst durch eine andere Klosterschwester, die schwanger wird und eine Abtreibung überlegt – eine Option, die für Mutter Teresa nicht infrage kommt.

Regisseurin Teona Strugar Mitevska.

Nordmazedonische Regisseurin Teona Strugar Mitevska.

Teona Strugar Mitevska ist so etwas wie eine Expertin für das Leben der legendären Nonne. Bereits vor 15 Jahren drehte sie eine Doku namens „Teresa und ich“ – „und seitdem will ich einen Spielfilm über sie machen“, sagt die Regisseurin im KURIER-Gespräch: „Ich habe nur nach dem richtigen Zugang gesucht. Es ist nicht einfach, über Mutter Teresa zu sprechen, zumal sie auch eine kontroversielle Person ist. Es gibt so viele Aspekte ihres Charakters – deswegen hat es so lange gedauert. Es ist mein erster, englischsprachiger Film, ich komme vom Balkan und arbeite in einer von Männern dominierten Industrie. Ich musste erst das nötige Selbstbewusstsein dafür finden.“

Eines der prägendsten Erlebnisse für ihre Faszination mit Mutter Teresa hatte Mitevska im Gespräch mit vier – mittlerweile verstorbenen Ordensschwestern –, die Mutter Teresa noch persönlich kannten und in bewegten Worten von ihr sprachen: „Das war unglaublich und wie ein Fenster in eine andere Welt. Ihre Berichte fließen eins zu eins in den Film ein und formten die Figur von Teresa. Ich behaupte nicht, dass wir die Wahrheit über sie erzählen, aber ich habe versucht, ihr so nahe wie möglich zu kommen.“

Glaubenskrise

Bei ihren Recherchen fand Mitevska eine Frau, „die sehr ehrgeizig war und genau wusste, was sie erreichen wollte. Sie ist rigoros, aber auch voller Mitgefühl und Verständnis. Ihr Charakter ist eine Mischung aus Strenge und Zärtlichkeit. Außerdem war sie sehr mutig – ein Mut, der sich auch auf mich übertragen hat.“

Die Figur der schwangeren Schwester Agnieszka, die Teresa in eine persönliche Glaubenskrise stürzt, ist frei erfunden, erzählt Mitevska: „Aber ich wollte das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen, weiblichen Körper auf jeden Fall thematisieren.“ Dass Teresa als katholische Nonne strikt gegen Abtreibung ist, sei absolut nachvollziehbar: „Für mich ist sie trotzdem eine feministische Ikone.“

Auch die Wahl von Punkrock, den die Regisseurin als Filmmusik ihrer Protagonistin zuschreibt, würde deren immenser, innerer Energie entsprechen: „Da hat nur die Stromgitarre dazu gepasst, nicht Klaviermusik.“

Punkrock, das ist für Teona Strugar Mitevska der Ausdruck von Freiheit – „und dazu zählt auch Teresas Freiheit, sich so zu akzeptieren, wie sie ist: Unvollkommen, streng, stark, weich, emphatisch, voller Gegensätze und schön. Und wenn ich das sage, spreche ich nicht nur über sie, sondern meine auch uns Frauen“.

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