Arena di Verona: "Nabucco" abgebrochen, "Aida"-Wiederaufnahme beeindruckte

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Opernfestspiele Verona. Die Neuproduktion von „Nabucco“ konnte nicht zu Ende gespielt werden, die Wiederaufnahme von „Aida“ beeindruckte in jeder Hinsicht.

Die Finger lassen sich ausstrecken oder zu einer Faust ballen, je nach Stimmung und Art des Geschehens: Eine gigantische, bewegliche Gitterhand dominiert die Riesenbühne der Arena di Verona. Immer wieder werden Laserstrahlen in verschiedenen Farben in den Nachthimmel geschickt, wo sie – wie auch normale Scheinwerfer – von einem silbernen, zeitweise oberhalb der Arena schwebenden Ballon reflektiert und so zu einem futuristischen Farbenspektakel werden.

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Gesamtkunstwerk

Stefano Poda nimmt für sich in Anspruch, immer ein ästhetisches und optisches Gesamtkunstwerk schaffen zu wollen, weswegen er nicht nur für die Inszenierung, sondern auch für Bühnenbild, Kostüme, Licht und Choreografie verantwortlich zeichnet. Und er beeindruckt auch diesmal bei der Wiederaufnahme von Giuseppe Verdis „Aida“ aus 2023 wieder mit überwältigender Bildmacht.

Zudem garniert er, auch die Steinstufen ausnutzend, die Szene mit ägyptischen Fabelwesen, Trägern von brennenden Schwertern sowie einer Unmenge von Tänzerinnen und Tänzern, die sich meist dicht wie ein Schwarm bewegen und die eher statisch agierenden Protagonisten fallweise umschmiegen. Zeitlose, historisch stilisierte Kostüme vollenden das faszinierende Gesamtbild.

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Exzellent ist auch die orchestrale Umsetzung: Daniel Oren am Pult des gut disponierten, groß besetzten Orchesters kennt von vielen Aufführungen die gewaltigen Dimensionen und die Akustik des Theaters bestens und lässt mit großen Gesten mit vielen Nuancen und Farben sowie Spannung musizieren.

Maria-José Siri ist eine sehr dramatische, aber auch tremoloreiche Aida. Gregory Kunde wirkt wie ein etwas in die Jahre gekommener Radamés, der anfänglich etwas forciert, aber dann höhensicher singt. Amartushvin Enkhbat ist ein stimmgewaltiger Amonasro. Agnieska Rehlis singt die Amneris feinsinnig. Alexander Vinogradov ist ein etwas vibratoreicher Ramfis. Tadellos hört man Simon Lim als König. Meist eines Sinnes mit dem Orchester singt der Chor sehr kraftvoll.

Nicht ganz so beeindruckend erlebt man tags darauf die heurige Neuproduktion von Verdis „Nabucco“, die auch Stefano Poda anvertraut wurde: Zwei riesige, bewegliche Halbkugeln aus Gitter sind auf Bühne zu sehen. Zwei Pole, die sich immer wieder annähern und abstoßen. Sie sollen nicht nur die Polarität zwischen Juden und Babyloniern, sondern auch jene zwischen Spiritualität und Rationalität symbolisieren. Auch hier bleibt der Regisseur seinen Stilmitteln mit dem Tänzerschwarm und ästhetischen Aufmärschen treu. Die Kostüme wirken diesmal ziemlich futuristisch.

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Am Ende des zweiten Teils wird eine atomare Explosion mit lauten Spezialeffekten dargestellt. Leider muss dann die Aufführung aufgrund eines Gewitters trotz längerer Wartezeit auf Wetterbesserung abgebrochen werden. Bis dahin hört man ein famoses Ensemble: Wieder ist Amartushvin Enkhbat mit dabei, diesmal als prägnanter und kraftvoller Titelheld. Anna Pirozzi als Abigaille verfügt über ein für die Arena wie geschaffene Riesenstimme mit ungefährdeter Höhe und schlägt oft mit der Peitsche um sich. Francesco Meli verfügt als Ismaele über viel Schmelz. Roberto Tagliavini ist ein nobler Zaccaria, Vasilisa Berzhanskaya eine feinsinnige Fenena.

Gut auch der Chor, leider wetterbedingt ohne den berühmten Gefangenenchor „Va pensiero!“. Pinchas Steinberg gelingt es, im Orchester der Arena di Verona viel an Vitalität und packender Dynamik auszureizen. In beiden Fällen großer Jubel!

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