Klassik unter neuen Sternen: Warum Garanča von Göttweig nach Grafenegg übersiedelt
Jedes Ding, zitiert Elīna Garanča aus dem „Rosenkavalier“, „hat seine Zeit“. Und dass diese Zeit auch mal vergehen kann, das bewegt Garanča sichtlich.
Am Freitag schilderte sie in Wien, wie schwer ihr der Abschied von „Klassik unter Sternen“ aus dem Stift Göttweig nach 17 Jahren fällt: „Ich bin Teil des Stifts geworden“, sagt Garanča. „Wir haben dort alles Mögliche erlebt, von 35, 40 Grad bis zu 11 Grad, Regen und alle mit Schnaps“. Ihre Kinder haben Konzerte dort „schon im Bauch miterlebt“. Die gefeierte Mezzosopranistin zeigte sich „unendlich dankbar“ dafür, dort „fast ein Sängerleben lang“ aufgetreten zu sein. Nun aber wird das Konzert seinen 18. Geburtstag nicht mehr in Göttweig begehen.
Es haben sich, sagt Veranstalter Hans Holzer, die gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen „fast dramatisch verändert“. Die Kosten für die Veranstaltung seien „in letzten drei Jahren um knapp 30 Prozent gestiegen“, ein Betrag, „den wir an unser Publikum nicht weitergeben konnten, können und auch nicht wollten“. Auch habe die Kritik am Aufwand und dem Shuttlebetrieb in Göttweig „durchaus zugenommen“.
In Grafenegg nun könne man „nachhaltiges und ökologisches Denken“ vermehrt einbringen. Denn dorthin, in den Wolkenturm, übersiedelt das Konzert ab 2026. Es gäbe dort „beste Akustik, beste Sicht, Parkplätze vor der Tür“, dazu noch dank des Auditoriums Wettersicherheit. „Wir mussten uns diesem Wechsel stellen – und es hat sich wunderbar gelöst“, sagt Holzer.
Neues Kapitel
„17 Jahre, das legt man nicht so einfach weg“, sagt auch Erwin Hameseder, Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien. Entscheidend für die Weiterführung sei gewesen, dass Garanča und Dirigent Karel Mark Chichon den Weg mitgehen: „Diese Erfolgsgeschichte ist ohne die beiden nicht denkbar. Und wir wollen diese gemeinsame Reise fortsetzen.“ Hameseder dankte dem Stift Göttweig und betonte: Grafenegg bietet ideale Bedingungen, um die Tradition fortzusetzen und gleichzeitig neue Impulse zu setzen. „Ich sehe dieses neue Kapitel optimistisch.“
In diesem Kapitel werden viele neue Seiten aufgeschlagen. Etwa beim Orchester: Erstmals wird „Klassik unter Sternen“ vom Tonkünstler-Orchester Niederösterreich begleitet. Und auch beim Angebot: Das große „Klassik unter Sternen“-Konzert am 4. Juli 2026 war innerhalb von vier Tagen ausverkauft, sagt Holzer. Aber Garanča habe sich bereit erklärt, am Tag davor eine „Preview Night“ zu singen – eine 70-minütige musikalische Vorschau auf das Galakonzert „zu attraktiven Ticketpreisen“, wie versprochen wird. Diese Tickets sind bereits im Verkauf (Info unter klassikuntersternen.at).
Ebenso wird es ein „Kulturpicknick“ mit den „ZukunftsStimmen“ geben: Die jungen Sängerinnen und Sänger treten bei freiem Eintritt auf. Und neben Garanča wird es auch um Elīna gehen – um die Privatperson. Im Schlosspark soll rund um das Konzert eine „Erlebniswelt“ die außergewöhnliche Karriere der Sängerin, aber auch sie als Privatperson ins Zentrum rücken – und etwa zeigen, „wie sie zur Hundemama geworden ist“, wie Holzer sagt.
NÖKU-Chef Paul Gessl versicherte „Klassik unter Sternen“ der „vollen Unterstützung“ – und betonte, dass das Engagement von Raiffeisen „in Zeiten wie diesen keine Selbstverständlichkeit“ sei.
Es sei „künstlerisch eine schöne Herausforderung, den neuen Ort zu beleben und kennenzulernen“, sagt Garanča. Eines aber müsse sie noch überlegen: „Wir brauchen ein neues Stück, wie das ,Ave Maria’ in Göttweig, das uns mit Grafenegg verbindet“, sagt sie. Erste Ideen, sagte sie danach dem KURIER, gibt es schon.
Die Kitzbühel-Ausgabe „Klassik in den Alpen“ übrigens pausiert 2026.
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