Hören und Sehen mit Pierre Boulez - zum 100. Geburtstag

„Der Komponist ist das Auge, das sich das Ohr vorstellt“: Nach diesem Zitat des Komponisten Pierre Boulez ist eine Fotoausstellung benannt, die derzeit im Karl-Böhm-Saal der Salzburger Festspiele zu sehen ist.
Das Vorausschauen war für den Musiker, der aus Anlass seines 100. Geburtstags mit fünf Konzerten geehrt wird (siehe Kritik rechts), kaum vom Voraushören und Vorausdenken zu trennen: Sein Streben, Musik zu reformieren und eine Avantgarde, also eine Vorhut, zu bilden, zementierte seinen Status unter den Giganten der Musik des 20. Jahrhunderts.
Die Urheberin der gezeigten Fotografien, Marion Kalter, begegnete Boulez erstmals im Jahr 1984. Von da an fotografierte sie den Komponisten immer wieder.
Vordenken und Erinnern
Kalters fotografisches Werk trägt selbst die Spuren einer vielschichtigen Biografie. Als Tochter einer Wiener Schauspielerin und eines in die USA emigrierten deutschen Juden, der nach dem Krieg in Österreich arbeitete, wurde sie 1951 in Salzburg geboren, verbrachte ihre Kindheit und Jugend aber zwischen Frankreich und den USA.
Nach Salzburg kam die Künstlerin in den 1980er-Jahren im journalistischen Auftrag öfters zurück, sie dokumentierte zunächst die Karajan-Ära. 1992 stellte ihr der damalige Intendant Gerard Mortier schließlich eine Akkreditierung aus, die ihr fast unbeschränkten Zugang ermöglichte: So entstand ein Bildbestand der Festspielgeschichte, der seinesgleichen sucht (marionkalter.com).
Zu Boulez’ 100. Geburtstag erstellte Kalter nun eine filmische Hommage. Ausgangspunkt dafür war ein Gespräch, das der Komponist 2005 mit dem Journalisten Claude Glayman in Paris führte. Boulez betrachtete dabei Fotos musikalischer Weggefährtinnen und Weggefährten und sprach über sie – aber auch über sich selbst und die Musik an sich. Für den Film „Notations“ verdichtete Kalter die vierstündige Aufzeichnung mit weiterem Bild- und Tonmaterial zu einem einstündigen Porträt, das am Freitag (22. 8.) im Salzburger Filmkulturzentrum „Das Kino“ gezeigt wird (15.45 Uhr). Einen regulären Verleih in Europa hat der Film (noch) nicht.
Der Programmschwerpunkt „À Pierre“ bei den Festspielen dauert noch bis Samstag an: Heute spielt der Pianist Pierre-Laurent Aimard zwei Konzerte (19 und 22 Uhr, Stiftung Mozarteum, Großer Saal); am Samstag ehrt das Klangforum Wien unter Sylvain Cambreling den Komponisten (Haus für Mozart, 16 Uhr).
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