Und nun auch ganz vorne bei einer Wertung, die – zumindest für junge Leserinnen und Leser – vielleicht ebensowichtig ist: Sie ist „#BookTok Autor*in des Jahres“. Wem das nichts sagt: Tiktok ist eine Social-Media-Plattform ähnlich wie Facebook oder Instagram. Dort gibt es Kurzvideos. Und ein gar nicht kleiner Teil davon beschäftigt sich mit Büchern.
Das heißt dann „BookTok“ und ist bereits ein großer Faktor im Buchverkauf. Nun wurden erstmals „TikTok Book Awards“ in Deutschland verliehen – und das gleich auf der Frankfurter Buchmesse.
Dort wurde auch Tabea Grunert ausgezeichnet. Die hat „nur“ 4,6 Millionen Likes, wurde aber zur „#BookTok Creator*in des Jahres“. Sie macht Videos rund ums Lesen. So freut sie sich in einem Video – 2,8 Millionen haben das angeschaut –, dass sie an einer Buchhandlung vorbeigegangen ist, ohne ein Buch zu kaufen.
Das ist nicht böse gemeint, sondern als Indiz für eine produktive Büchersucht. Sie zeigt ihre Bücherregale und sich selbst beim Buchkauf – an einem jener Tische in einer Buchhandlung, die sich denjenigen Büchern widmen, die bei BookTok hoch im Kurs stehen.
Denn was auf BookTok besprochen wird, wird schnell einmal zum Bestseller. Das hilft dem Markt, das bringt junge Menschen zum Lesen. BookTok ist eine Entwicklung, die man nicht kleinreden sollte: Viele beschäftigen sich in sozialen Medien mit blöderen Themen als Bücher.
Ein Ausschnitt
Für deutschsprachige Literaturverlage ist das Ganze jedoch keine allzugute Neuigkeit, auch wenn dtv zum „#BookTok Verlag des Jahres“ gewählt wurde (natürlich von den Tiktok-Usern). Denn in den sozialen Medien wird im Buchbereich – so wie anderswo – nur Bestimmtes in den Meinungsverstärker geworfen. Anderes kommt überhaupt nicht vor.
So bildet das Genre vieles aus dem Bereich der Selbsthilfe und -erbauung ab, wie Preisträgerin Stefanie Stahl beweist: Ihr Buch „Das Kind in dir muss Heimat finden“ wurde sowohl Community Buch als auch Bestseller des Jahres bei den Tiktok-Awards. Vieles weitere – etwa der BookTok-Superstar Colleen Hoover – kommt aus dem Bereich Young Adult, also der Literatur, die sich den Problemen und dem Horizont Heranwachsender widmet.
Weniger Plakatives, Sperrigeres hingegen versickert. Das ist durchaus ein Problem – wie man an anderen Kultursparten sieht: Oper ist längst aus dem öffentlichen Diskurs gefallen, auch, weil sie sich nicht in Social Media übersetzen lässt. Und der Trend, dass Kinofilme immer länger werden, hat wohl (auch) mit Aufmerksamkeit zu tun: Die ausufernden Filmepen emotionalisieren mehr. Und ohne Emotion keine Social-Media-Präsenz.
Beim Film und in der Popmusik hat die Aufmerksamkeitsökonomie bereits zu einer merkbaren Änderung dessen geführt, was erfolgreich wird. Die Literatur dürfte hier die nächste Front sein. Und das sind nicht nur gute Nachrichten.
Kommentare