Schauspieler Ricketts: "Es gibt nicht nur den schwarzen Drogendealer"

Ein lächelnder Mann mit Bart und einer Halskette aus dunklen Perlen vor einer Wand.
Der Österreicher Tyron Ricketts kämpft in Deutschland für mehr Diversität in Film und Fernsehen.

Wie nennt man seinen Job, wenn man nicht sagen will, dass man öffentliche Toiletten reinigt? Denkmalschutz. Schließlich sind es historische Berliner Toiletten.

Ezequiel, der Protagonist in der TV-Komödie „Herren“ (Mittwoch, 10.2., ARD, 20.35 Uhr), ist eigentlich Capoeira-Meister. Doch er wird aussortiert und geht künftig als Fahrer mit Reynaldo (Komi Mizrajim Togbonou) und Jason (Nyamandi Adrian) auf nächtliche Denkmalschutz-Tour. Zunächst greift Ezequiel (Tyron Ricketts) nur widerwillig zu den Reinigungsutensilien, doch allmählich wachsen die drei Herren zusammen.

„Ich finde es wichtig, dass es solche Filme gibt, weil schwarze Menschen in Deutschland ganz selten als Teil dieser Gesellschaft erzählt werden“, sagt Ricketts im KURIER-Interview. Über seine Figur sagt er: „Am Anfang hat er ein großes Problem damit, diesen Beruf auszuüben. Aber durch seine Kollegen bekommt er eine andere Perspektive darauf.“

Drei Arbeiter reinigen und desinfizieren eine öffentliche Herrentoilette.

Der Film „Herren“ (Mittwoch, 10.2., ARD, 20.35 Uhr) zeigt Männer mit dunkler Hautfarbe auf der Suche nach Identität und Anerkennung  

Ein Mann und eine Frau stehen sich gegenüber und scheinen sich zu streiten.

Zwei Männer stehen in einem hellen Raum und unterhalten sich.

Drei Männer reinigen eine öffentliche Toilette in Berlin bei Nacht.

Ein Mann mit Afro-Haar und blauen Overalls vor einem dunklen Hintergrund mit Bokeh-Lichtern.

Drei Männer sitzen in einem gelben Lieferwagen.

Mehr Diversität

Eine andere Perspektive will Ricketts auch hinter der Kamera aufzeigen. Er stellte vor zwei Jahren seine Produktionsfirma Panthertainment komplett auf die Entwicklung von Geschichten um, die mehr Diversität in die Film- und Fernsehlandschaft bringen sollen.

Einerseits will Ricketts der Tatsache, dass in Deutschland rund 25 Prozent Migrationshintergrund aufweisen, Rechnung tragen; andererseits sollen Schwarze auch in Berufen mit mehr Sozialprestige gezeigt werden. „Ich denke, dass beides wichtig ist“, sagt Ricketts. „Klar, es gibt den schwarzen Drogendealer, aber es gibt auch den schwarzen Arzt. Wenn beides abgebildet wird, entspricht das der Realität. Alles andere schürt Vorurteile.“

Kleine große Stimme

2015 war Ricketts in der ORF/ARD-Produktion "Kleine große Stimme" um einen Sängerknaben zu sehen

Kleine und große Aggressionen

Ricketts, der im steirischen Weiz geboren wurde und mit sechs Jahren nach Deutschland gezogen ist, hat Alltagsrassismus, wie er in „Herren“ (Produktion: Kineo /Cinema Negro) gezeigt wird, selbst erlebt – „von Mikro-Aggressionen, dass einen jemand auf Englisch anspricht, bis hin zu dem Erlebnis, dass ich als Zwölfjähriger von Polizisten gezwungen wurde, einen Platz von Bierdosen und Zigarettenkippen zu befreien.“

Heute wende sich vieles schon zum Besseren, nicht zuletzt durch den Erfolg von Streamingservices. Das erklärt Ricketts so: „70 Prozent der Weltbevölkerung sind People of Colour. Da macht es natürlich für einen Streamer wie Netflix Sinn, Geschichten zu erzählen, die die ganze Welt ansprechen. Und darum verändert das jetzt gerade die Sehgewohnheiten. Dann kommt natürlich die Frage auf, warum das im normalen Fernsehen nicht so ist, weil dort zum Teil eine Bevölkerung dargestellt wird, wie sie gar nicht mehr existiert.“

Gegründet hatte er Panthertainment schon 1995, zur Produktion des HipHop-Formats „Word Cup“, das er auf Viva moderierte, Der Panther  nimmt auf die historische Black-Panther-Bewegung Bezug, wenngleich diese auch drastische Mittel einsetzte. In den USA der Sechzigerjahre sei das „notwendig gewesen, da ging es um Leben und Tod,“ sagt Ricketts. „Und man musste damals eben sagen: So kann es nicht weitergehen. In der Verbindung mit friedlicheren Bewegungen wurde das dann auch ernst genommen.“

Black Lives Matter

Einen richtig großen Schritt habe zuletzt die Black-Lives-Matter-Bewegung  gebracht, findet Ricketts. Die Diskussion um die Oscar-Verleihung, die schon zwei Jahre davor unter dem Hashtag #OscarsSoWhite eingesetzt hatte, habe zwar zu neuen Regeln der Academy geführt, welche Filme überhaupt zu den Oscars zugelassen werden, "aber das ist zu uns gar nicht so richtig rüber gedrungen", sagt der Schauspierler und Produzent. "Dann gab es die großen Diskussionen: Was darf man denn jetzt überhaupt noch sagen? Und dann hieß es, die künstlerische Freiheit wird eingeschränkt."

Er habe das Gefühl: "Erst durch die ausgedehnte Diskussion um Black Lives Matter entstand ein Verständnis dafür, dass etwas nicht richtig sein muss, nur, weil man es schon immer so gemacht hat. Und das ist neu.“

Kommentare