"Schakal"-Serie: In Wien fand Eddie Redmayne "europäischen Sinn"

Der Scharfschütze (Eddie Redmayne) bewegt sich wie ein Phantom durch die Welt
Im deutschsprachigen Raum hat Sky im Vorjahr die Produktion von Original-Serien eingestellt. Im internationalen Bereich setzt man nun aber ein kräftiges Lebenszeichen. „The Day of The Jackal“ ist das, was man ein Prestigeprojekt nennen kann. Oscar-Preisträger Eddie Redmayne („Die Entdeckung der Unendlichkeit“) schlüpft in der zehnteiligen Crime-Thrillerserie in die Rolle des Schakals, des Auftragskillers aus Frederick Forsyths Bestseller von 1971, den Fred Zinnemann bereits 1973 fulminant verfilmte.
Die Vorlage fand Redmayne gar nicht so überzeugend, wie er vor Journalisten (der KURIER war dabei) sagte: „Ich war kein Fan des Originals. Das Buch und der Film vermittelten ein binäres Gefühl von Gut und Böse, als wäre der Schakal der absolute Bösewicht mit großem Charisma, der danach strebte, das Gute – Charles de Gaulle – zu töten. Auch die Figur des Kommissars stand klar auf der Seite des Guten.“ Ihn habe am Drehbuch von Showrunner Ronan Bennett („Top Boy“) fasziniert, „dass sich beide Hauptfiguren in einem Spektrum von Gut und Böse befinden. Bianca und der Schakal zeigen zwei Seiten derselben Medaille und bei beiden gibt es eine moralische Ambiguität. Trotz dieser Gemeinsamkeiten gehen sie absolut auf Kollisionskurs.“
Bianca, eine britische Geheimagentin, nimmt die Fährte des gern in Verkleidungen auftretenden Schakals auf und setzt ein actionreiches Katz-und-Maus-Spiel in Gang, bereits in Folge 1 setzt sie grenzwertige Mittel ein. Beide Figuren bieten – wie bei Serien mittlerweile üblich – einen Blick ins Alltagsleben, wobei der Schakal ein Doppelleben führt, seine spanische Ehefrau hat keinen Schimmer von den millionenschweren Aufträgen – etwa einen Tech-Guru zu eliminieren, der die globale Finanzwelt auf den Kopf stellen will.

Als britische Geheimagentin Bianca eröffnet „Bond“-Star Lashana Lynch eine intensive Hetzjagd auf den trickreichen Schakal
Die Britin Lashana Lynch (bekannt aus dem Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“) sagt über ihre Rolle der Jägerin Bianca: „Man war es immer gewohnt, zwei Männer in solchen Konstellationen zu sehen. Dass eine Frau nun aber potenziell böse ist, finde ich aufregend, denn es durchbricht die Parameter auf eine Art und Weise, die die Branche auf Trab hält, sodass sie aufgeschlossen gegenüber weiblichen Charakteren bleibt.“
Es bedeute ihr viel, „ein Team gefunden zu haben, das genau das feiert und es unter dem Deckmantel des Spionagegenres tut. Ich sehe es als Beispiel dafür, wie wir den Spielraum im Fernsehen erweitern können. Deshalb bin ich wirklich froh, dass dies hier so normalisiert ablief.“ Das Ziel: „Dass wir irgendwann deshalb gar nicht mehr gefeiert werden, weil es einfach so normal ist, dass wir es nicht einmal bemerken.“
Wien-Dreh
Wien spielt auch mit in der Megaproduktion, Wien spielt aber München. Dort hat der Schakal seinen ersten Job, er soll einen Rechtspopulisten mit Kanzlerambitionen töten.
Wien, wo im Vorjahr im 22. Bezirk gedreht wurde, sei wichtig für die Serie gewesen, erzählt Redmayne. Einerseits, „weil einer der großartigen Stunts, der sich in der ersten Folge beim Sprung von einem hohen Gebäude abspielt, in Wien stattfand“. Und andererseits, weil Kostümbildnerin Natalie Humphries einen Besuch beim Modehaus Knize empfahl, wo einige Anzüge Redmaynes entstanden. Der Brite schwärmt: „Sie haben schon für Marilyn Monroe, James Dean und Laurence Olivier geschneidert. Und mir wurden alte Kleiderbücher gezeigt, wo die Maße des Prince of Wales Mitte des 19. Jahrhunderts verzeichnet sind. Wir waren auch dort, um diesen speziellen europäischen Sinn zu entwickeln.“
Denn die wilde Jagd, sie führt den Schakal quer durch Europa.

Die Briten Nigel Marchant und Gareth Neame (re.) bei der „Schakal“-Premiere
Die ausführenden Produzenten sind Gareth Neame und Nigel Marchant, die Macher von „Downton Abbey“.
KURIER: Inwieweit wollten Sie den Stil des Originals ans Heute anpassen?
Gareth Neame: Das Original funktionierte sehr analog, damals klebte man noch ein Foto von jemand anderem in einen Reisepass. Aber so funktioniert die moderne Welt nicht: Überall Überwachungskameras, Geldflüsse werden verfolgt. Wir genossen es, die Prämisse auf die digitale Welt zu übertragen und dabei etwas von analogen Handwerkskunst zu erhalten, bis hin zu Kostümen, die an die Ära des Zinnemann-Films erinnern.
Bei Zinnemann gibt es acht Minuten ohne Dialog. Wollten Sie das zitieren?
Neame: Nun, in der ersten Folge redet der Schakal nicht wirklich viel. (lacht)
Nigel Marchant: Die ersten zehn, fünfzehn Minuten führen in diesem Sinne zurück zum Original. Aber wir haben schon früh die Entscheidung getroffen, dass das nicht der Spirit für die Langform einer Serie sein kann. Für zehn Stunden Unterhaltung musst du etwas Neues untersuchen.
Es gibt ein Attentat auf einen rechten Politiker – das wirkt derzeit sehr real.
Neame: Obwohl wir uns der Geopolitik bewusst waren, wollten wir nicht die De-Gaulle-Story des Originals erzählen. Wir sehen es als Unterhaltung, ein reines Katz-und-Maus-Spiel.
Während der Dreharbeiten passierte das gescheiterte Attentat auf Trump. Wie haben Sie das erlebt?
Marchant: Es war schockierend. Die ganze Welt war schockiert. Manchmal, wenn etwas Schreckliches passiert, kann Kunst das Leben imitieren und umgekehrt, aber wir haben uns nicht auf diese politischen Themen konzentriert.
Neame: Unser Schakal ist nicht die erste Figur in der Geschichte der Unterhaltung, die grausam ist, aber dennoch eine Art Antiheld, für den du immer noch Sympathien haben kannst.
Eine Frage für „Downton Abbey“-Fans. Wird der dritte Kinofilm der Letzte sein?
Neame: Wir haben uns noch nicht entschieden, auch nicht für den Marketingansatz. Er wird definitiv einen anderen Ton anschlagen, weil die Dowager Countess gestorben ist. Ihre Erinnerung ist im dritten Film sehr lebendig. Natürlich wurde dem durch den realen Verlust ihrer Darstellerin, Dame Maggie Smith, besondere Schärfe verliehen.
Marchant: Maggie hatte außergewöhnliches Talent, war eine brillante Erzählerin, mit viel Witz. Selbst wenn sie einmal wenig tat, war man von ihr magisch angezogen, wenn man am Set in den Monitor schaute
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