Erste ORF-Krankenhausserie: Dreh mit „verrücktem Freitag“
Annalena Hochgruber, Nils Arztmann, Elif Duygu und Marko Kerezovic mit Beatmungsdummy.
Fast drei Monate drehen in einer riesigen, fensterlosen Studiohalle – das klingt gewöhnungsbedürftig. Für die Krankenhaus-Dramedy „Pflegeleicht“, die erste „Medical“-Serie des ORF, wurde erstmals so umfangreich in den seit circa einem Jahr in Betrieb stehenden HQ7-Studios in Wien-Simmering gedreht.
„Willkommen im Elisabeth-Spital!“ heißt es beim Betreten des Studios. Produzentin Viktoria Salcher von Prisma Film führt durch das in sechs Wochen detailverliebt gebaute Areal. Herzstück ist der Empfangsbereich. „Durch die Lichtkuppel kann man mit Scheinwerfern Tageslichtatmosphäre schaffen“, sagt Salcher, „über einen Green Screen kann man dahinter auch blauen Himmel zeigen.“ Es sei ein idealisiertes Spital, „bei uns schaut es schöner aus als in den meisten Krankenhäusern“, meint sie schmunzelnd.
Der Vorteil des Studio-Sets bestehe in der gesicherten Verfügbarkeit, „ein Krankenhaus kann man nicht mehrere Monate zusperren und in einem anderen Gebäude müssten wir auch viel hineinbauen.“ Man könne hier die Lichtsituationen besser setzen, „und wir haben einen Lift, in dem wir von beiden Seiten drehen können“.
Produzentin Viktoria Salcher (Mitte)
In Ausbildung
Wir gehen durch die sogenannten „Walk-and-Talk-Gänge“, wo das Krankenhauspersonal seine Dialoge spielt. „Pflegeleicht“ wird hauptsächlich aus der Sicht der jungen Krankenhauspfleger erzählt. Man habe sich die künstlerische Freiheit genommen, dass diese im Krankenhaus auch ihre Ausbildung haben - um den Personalmangel zu beheben.
Einer der Pfleger, Freddy, wird von Nils Arztmann gespielt. Der 26-jährige Wiener über seine Rolle: „Meine Figur ist am Anfang der Sonnyboy. Im Laufe der Staffel kommen Schicksalseinschläge dazu, man sieht ihm zu, wie er erwachsen wird.“
Arztmann ist neben seiner Bühnentätigkeit im Josefstadt-Ensemble bisher eher in TV-Gastrollen zu erleben gewesen. 2026 wird er in Harald Sicheritz’ Historienfilm „Der junge Kreisky“ in seiner ersten Kino-Hauptrolle zu sehen sein. Für ihn sei das ein ziemliches „Kontrastprogramm“ gewesen, sagt er. „Zuerst habe ich Bruno Kreisky gespielt, der sich intellektuell für die sozialistische Arbeiterjugend einsetzt – und dafür konnte ich mich jahrelang einlesen. Und dann durfte ich für diese Serie zum Beispiel eine Clown-Nummer vorbereiten.“
Im Empfangsbereich:
Kein Krankenhauskoller
Eine Art Krankenhauskoller sei bei der langen Zeit im Studio nicht aufgekommen. „Das Team ist so nett und ich glaube, davon lebt auch die Serie letztendlich. Ich glaube, wenn man die Liebe für die Sache spürt, dann überträgt sich das auch aufs Publikum.“
Der Humor soll nicht zu kurz kommen, wie Regisseur Michael Podogil („Der Metzger traut sich“), der die ersten vier Folgen verantwortet, verspricht. Es sei eine ORF-Unterhaltungsserie, die ein breites Publikum ansprechen soll. „Es variiert aber auch“, sagt der 40-Jährige. „Es gibt eine Nacht-Folge, da haben wir ein bisschen mit dem Vampir-Genre gespielt, und es gibt eine Liebesfolge, wo wir eine ganz kleine Musicalszene eingebaut haben. Wir konnten auch Dinge ausprobieren.“
Dass es richtig skurril wie etwa bei der US-Comedyserie „Scrubs“ wird, ist nicht zu erwarten. „Ich hatte beim Dreh keine bestimmte Krankenhausserie im Kopf“, sagt Nils Arztmann. „An ,Scrubs‘ kommt man in meiner Generation natürlich nicht vorbei. ,Pflegeleicht‘ hat eine gewisse Leichtigkeit, aber am Ende werden die Figuren doch wieder heruntergeholt und geerdet. Es menschelt.“
Die Probleme im Gesundheitssystem würden eher spielerisch aufgegriffen, meint Podogil. „Es ist eine Coming-of-Age-Serie, die schon zeigt, mit welchen Herausforderungen Pflegefachkräfte konfrontiert sind. Ich habe wahnsinnigen Respekt vor dieser Arbeit und durfte auch ein paar Tage bei der Ausbildung mitlaufen, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Wenn bei der Pflege ein Fehler passiert, ist das richtig gefährlich.“
Regisseur Michael Podogil
„SOKO“-Tempo
Was Podogil an dem Dreh besonders mochte (derzeit dreht Katharina Heigl vier Episoden, Anm.): „Dieser junge Cast, die sind so motiviert und voller Energie!“ Man drehe im „SOKO-Tempo“, wie er es nennt: 14 Drehtage für umgerechnet 90 Minuten – wobei eine Folge 45 Minuten dauert. „Es ist eine logistische Herausforderung, mit klaren Timeslots, extrem stressig fürs Team.“ Daher habe man gleich Gruppendynamik-Spiele eingeführt: „Wenn man mit einem anderen einschlägt, kann man eine Kartoffel weitergeben. Wer am Schluss des Drehtages die Kartoffel hat, hat verloren.“ Zudem habe man einen „Crazy-Friday“ gemacht, wo die Crew verkleidet kam. „Da steht dann die Tonfrau mit dem Mikrofon – als Vampir verkleidet. Ich glaube, dass das eine Gruppe zusammenschweißt, um die Kreativität und Energie aufrechtzuerhalten.“
Stefan Pohl (als Krankenhausleiter) mit Annalena Hochgruber
Nach Drehschluss am 24. November wandern die – laut Produzentin Salcher nachhaltig gebauten – Wandelemente und Möbel in eine Lagerfläche auf dem Studioareal. Sie zeigt sich optimistisch: „wenn wir mehrere Staffeln drehen, wissen wir, dass wir wieder unter diesen Bedingungen drehen können.“
Und wenn nicht? Podogil hat zumindest für den Empfangstisch, der an eine Kommandobrücke erinnert, eine Idee: „Man kann alles rot beleuchten und blinken lassen, dann können wir es als Raumschiff Enterprise vermieten.“
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