Tatsächlich hat Schrom seit seinem Amtsantritt für zahlreiche Innovationen gesorgt. Die „ZiB2“ am Sonntag etwa, der Transfer von ATV-Mann Martin Thür auf den Küniglberg, zahlreiche andere neue Gesichter am Schirm: Unter Schrom hatten Talente wie Tobias Pötzelsberger, Margit Laufer oder Simone Stribl eine Chance bekommen und diese auch genutzt.
Dennoch: Die Redaktion war empört über die Art und Weise, wie Schrom sich mit Strache über das eigene Haus ausgetauscht hatte (In Hinblick auf ORF2 schrieb er an Strache etwa, es sei „schon bei uns genug zu tun und jeden Tag mühsam, aber langsam wird’s, und die, die glauben, die SPÖ retten zu müssen, werden weniger“.)
Mit dem Rücktritt nun erspart sich Schrom auch eine Abstimmung über sein berufliches Schicksal, die in einer Redaktionsversammlung für heute, Donnerstag, geplant war. Die Vorzeichen dafür standen mehr als schlecht. „Viele Kolleginnen und Kollegen sind fuchsteufelswild, weil sie hier in eine Sache hineingezogen werden, mit der sie absolut nichts zu tun haben“, sagte Redakteurssprecher Dieter Bornemann. „Wir bemühen uns jeden Tag um sauberen und unabhängigen Journalismus. Aber natürlich leidet durch solche Affären das Vertrauen in unsere Arbeit.“
Das Rennen um die Nachfolge ist mit dem Rücktritt jedenfalls eröffnet. Interimistisch leitet die Funktion Schroms Stellvertreterin Eva Karabeg. Als mögliche Nachfolger kursieren Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter, ORFIII-Chefredakteurin Lou Lorenz-Dittlbacher oder die Tiroler Landesdirektorin Esther Mitterstieler. Der Job muss noch ausgeschrieben werden.
Wie unverhohlen die Politik in den ORF hineinzuregieren versucht, wurde unterdessen an anderer Stelle deutlich: profil veröffentlichte Chatnachrichten führender FPÖ-Politiker, die sich 2018 und 2019 darüber austauschten, wie man sich den ORF herrichten werde. Gemeinsam mit Koalitionspartner ÖVP sei etwa eine ORF-Reform samt Streichung der Gebühren paktiert gewesen. Debattiert wurde in der Runde auch eine Serie von David Schalko („M – Eine Stadt sucht einen Mörder“), die offenbar die Gemüter der Partei erregten, weil sie darin einen Angriff auf die FPÖ sehen. Strache schreibt an den damaligen türkisen Regierungskoordinator Gernot Blümel: „Schalko im ORF zeigt Handlungsbedarf!“
Auch der stellvertretende KURIER-Chefredakteur Richard Grasl wurde in der blauen Runde diskutiert: Bei dessen Bestellung in die KURIER-Chefredaktion 2018 wunderte man sich: „Doch nicht ORF-Generalsekretär?“ Die Funktion gibt es formal nicht, was die FPÖ aber nicht davon abhielt, den Posten für sich selbst in Anspruch zu nehmen. Und überhaupt: „Ohne Personelles wird trotzdem kein einziger FP-Beitrag objektiver oder freundlicher werden“, wettert Stiftungsratsvorsitzender Norbert Steger. Bereits 2018 schrieb er davon, dass die ÖVP „einen Vorstoß für Weißmann“ mache. „Ein korrekter Schwarzer“, urteilt Steger.
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