Nina Horowitz: "Humor können wir alle gut gebrauchen"
In der neuen Ausgabe von „Liebesg'schichten und Heiratssachen“ wollen 54 Singles verkuppelt werden. Dazu gehört auch Renate, eine 77-jährige Friseurmeisterin aus Niederösterreich, der das Geimpfte aufgeht, wenn sie sieht, wie wenig Mühe sich die Frauen von heute bei ihrer Frisur geben. Auch bei Nina Horowitz ortet sie frisurentechnisch Nachholbedarf.
Großartig! Es sind genau diese (herrlich ehrlichen) Momente, die einen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und dafür sorgen, dass die Sendung nach so vielen Jahren immer noch beliebt ist.
Der KURIER hat mit der Sendungsmacherin Nina Horowitz über die Liebe, die Stimmung in der Gesellschaft und den Erfolg geplaudert.
KURIER: Warum sollte man als junger Mensch im Fernsehen nach der Liebe suchen?
Nina Horowitz: Wir haben in dieser Staffel acht Singles unter 40. Und von denen habe ich gehört, dass Online-Dating nicht das Gelbe vom Ei für sie war. Deshalb haben sie sich jetzt einen Ruck gegeben und sind bei den „Liebesg’schichten“ dabei. Das freut mich sehr, weil ein 24-Jähriger andere Geschichten erzählt als eine 75-Jährige.
Liegt es bei der nicht funktionierenden Suche nach der großen Liebe oft auch an der Selbstüberschätzung?
Dazu fällt mir ein Beispiel ein. Zuerst erzählt mir eine Dame im Interview, wie betörend sie George Clooney findet. Und dann komme ich im Herbst zum Bilanzinterview und der Mann, der neben ihr sitzt, schaut überhaupt nicht aus wie George Clooney. Aber sie schaut ihn an, wie George Clooney vielleicht schon lange nicht mehr angesehen wurde. Natürlich, bei uns allen gewinnt leider Gottes irgendwann die Schwerkraft und die Oberarme sind nicht mehr so straff wie anno dazu mal. Deswegen sollte man sich auch beim neuen Partner oder der neuen Partnerin keine Wunder erwarten. Wenn man verliebt ist, ist das dann zum Glück eh alles wurscht.
Sie nehmen bei Ihren Hausbesuchen quer durchs Land wohl auch die Stimmung in der Gesellschaft wahr. Wie würden Sie diese beschreiben?
Ich finde die Stimmungslage beunruhigend. Diese ständige Erregung, das Suchen nach dem Negativen. Aber es gibt auch viele, die das nicht wollen. Und eben das Leben nicht schwarz-weiß, sondern grau sehen. Das nehme ich in meinen Gesprächen so wahr. Und ich persönlich bin viel weniger auf sozialen Netzwerken als früher. Da lese ich lieber ein Buch. Jetzt gerade Robert Seethalers neuen Roman „Das Café ohne Namen.“
Gibt es da auch eine gewisse ORF-Feindlichkeit zu spüren? Wird man da hin und wieder auch angefeindet?
Ich bin noch nie angefeindet worden. Und viele mögen auch den ORF. Abgesehen davon: Die „Liebesg`schichten“ sind so eine positiv besetzte Marke, da wird man freundlich empfangen. Manchmal gibt`s einen Apfelstrudel, oft einen guten Kaffee.
Die Menschen wollen unterhalten werden: Dazu braucht es gute Gespräche, redselige Kandidatinnen und Kandidaten, die sich vor der Kamera öffnen. Landen langweilige Gespräche im Müll?
Im Müll landet nichts. Wir stehen ja nicht gleich am nächsten Tag mit der Kamera vorm Gartenzaun und schreien: ,Juhu, wir sind da!“ Es gibt Vorgespräche mit der Redaktion und ich plaudere auch mit den Singles, die sich bewerben. Und dann sehe ich ja, welche Interviews spannend für mich sind.
Sind Sie oft überrascht, welche Antworten Sie bekommen?
Das Wichtigste ist für mich, bei Interviews nicht zu werten. Sonst hat ja das Gegenüber gar keine Lust mehr, weiterzureden. Aber natürlich werde ich überrascht. Das kann sein, wenn eine Frau plötzlich zu weinen beginnt, weil sie sich einsam fühlt. Oder, wenn ein 80-jähriger Mann total bestimmt erklärt, dass er eine 40-Jährige will. Alle Biografien sind ja so verschieden. Das ist das Fantastische an meiner Arbeit. Deshalb lerne ich dabei auch viel fürs Leben.
Machen Sie alle Interviews selbst?
Ja. Bei den „Liebesg`schichten“ waren es bisher 216 Interviews in 4 Jahren. Und ich freu mich, auch noch die Tausender-Marke zu knacken. Mindestens.
Ihr persönliches Highlight der neuen Staffel?
Ich habe nie ein bestimmtes, persönliches Highlight. Ich finde, alle 54 Singles, die diesen Sommer die Liebe suchen, haben ihre Sache mit Bravour gemeistert. Egal, ob es der Jüngste der Staffel, der 24-jährige Thomas, oder der Älteste, der 88-jährige Herbert, war. Herbert macht übrigens wahnsinnig diszipliniert jeden Morgen seine Turnübungen. Da kann ich mir wahrlich noch ein Scheiberl abschneiden.
Die Sendung gibt es seit 1998 und sie ist immer noch erfolgreich: Was ist das Geheimnis des Erfolgs?
Mich hat vor ein paar Tagen ein Herr in der Trafik angesprochen und zu mir gesagt: „Hearns. Wann gehen denn die ,Liebessachen und Heiratsdings’ wieder los? I wü endlich wieder was zum Lachen haben!“ Natürlich erzählen die Singles in ihren Porträts nicht nur Schenkelklopfer. Aber der Herr hat schon recht: Humor können wir ja gerade alle gut brauchen.
Liebe, was ist das eigentlich?
Ich habe einmal die 90-jährige Helene aus dem Mühlviertel gefragt, warum sie noch immer nach der Liebe sucht. Und sie hat knapp, aber wie ich finde sehr gut, darauf geantwortet. Sie hat gesagt: „Das braucht der Mensch.“ Wo sie recht hat, hat sie recht.
In der Sendung gewähren die Kandidatinnen und Kandidaten auch Einblicke in die eigenen vier Wände. Muss man da auch des Öfteren ein bisschen eingreifen bzw. beratend zur Seite stehen?
Es gibt den Spruch: „Für einen Gag würde ich auch meine Großmutter verkaufen.“ Das gilt für mich nicht. Es ist enorm wichtig, dass die Singles mir ihr Vertrauen schenken. Und mir glauben, dass ich sie nicht vorführen will. Die hervorragende Editorin der „Liebesg“schichten“, Bettina Mazakarini und ich, überlegen ganz genau, was man im Fernsehen zeigt und was besser nicht. Abgesehen davon: Es heißt ja nicht, dass man die gesamte Biografie bin ins kleinste Detail preisgeben muss, wenn man bei uns mitmachen will.
Ist Österreich ein Land voller Engerl Gartenzwerge und Gartenzäune?
Ja, und alle Frauen lieben es, ihre Männer zu bekochen, wenn sie nach der harten Arbeit nach Hause kommen. Das sind so Klischees, die haben wir – also die Singles und ich – nicht verdient. Außerdem, ich suche schon lange nach dem perfekten Gartenzwerg. Ich kann mich nur noch nicht entscheiden, ob’s in die ironische Richtung gehen soll. Oder nicht.
Ihrer Vorgängerin Elizabeth T. Spira hat man dabei immer wieder mal Voyeurismus vorgehalten, dass Sie stets aufs Schärfste zurückgewiesen hat. Werden Sie mit diesem Vorwurf auch konfrontiert?
Ich mache jetzt bereits das vierte Jahr die „Liebesg`schichten“ und werde daher weniger als in den ersten Jahren auf Toni Spira angesprochen. Und ich bewerte hier jetzt natürlich auch nicht ihr Werk. Aber, um Ihre Frage zu beantworten: Nein, mir wird kein Voyeurismus vorgeworfen. Ich höre zum Glück oft, dass wir uns bemühen, liebevolle Porträts zu gestalten.
Wer trifft eigentlich die Vorauswahl der Kandidatinnen und Kandidaten?
Zuerst sprechen zwei Redakteurinnen mit den Singles. Und dann ich.
Wie viele bewerben sich, wie viele werden genommen?
Es ist schwierig, das genau zu sagen. Natürlich bewerben sich mehr Menschen, als dann im Fernsehen zu sehen sind. Das bedeutet aber nicht, dass neue Singles sich nicht bei uns melden sollen. Wir freuen und über jeden und jede.
Altersdurchschnitt der Bewerberinnen und Bewerber?
Der Durchschnitt bei der diesjährigen Staffel ist 60.
Wurden Interviews auch schon mal abgebrochen, vorzeitig beendet, weil ein Kandidat, eine Kandidatin ausfällig geworden ist?
Nein.
Wie gehen Sie mit Kandidaten (und Kandidatinnen) um, die sexistische und/oder rassistische Aussagen treffen?
Wie gesagt: Ich telefoniere ja schon vorab mit den Singles. Das würde ich ja dann schon im Vorfeld merken.
Neues Lebensglück
Zum Start der 27. Staffel am Montag um 20.15 Uhr in ORF 2 besucht Nina Horowitz sechs neue Singles in ihrem Zuhause in Wien, Niederösterreich, Kärnten und der Steiermark. Das Filmteam begleitet die drei Damen und drei Herren im Alter zwischen 43 und 77 Jahren auf ihrer Suche nach dem großen Lebensglück. In den kommenden Wochen suchen insgesamt 54 Singles zwischen 24 und 88 aus ganz Österreich nach einem Partner, einer Partnerin. Gesucht werden auch bereits Kandidatinnen und Kandidaten für die nächste Staffel. Unter liebesgschichten@orf.at können Sie sich melden.
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