Netflix-Serie "Hostage": In Geiselhaft der Mittelmäßigkeit

46-217953755
Polit-Thriller „Hostage“ zeigt, dass große Namen nicht immer reichen.

von Georg Krierer 

Manchmal ist es wie ein schlechter Traum: Zwei Schauspielerinnen von Weltklasse stehen bereit, eine spannende Serie zu tragen und am Ende bleibt ein blasser Streaming-Abend übrig. So ergeht es Julie Delpy und Suranne Jones in der neuen Netflix-Thriller-Mini-Serie „Hostage“, die sich als brisanter Politik-Thriller inszenieren will, aber eher wie ein durchgeschüttelter Genre- Baukasten wirkt.

Die Prämisse klingt zunächst vielversprechend: Großbritanniens Premierministerin Abigail Dalton (Suranne Jones) steckt in der Klemme: Medikamentenengpässe, eine schwächelnde Armee, politische Gegner, die ihr Versagen lautstark auskosten. Beim anstehenden Gipfel mit Frankreichs Präsidentin Vivienne Toussaint (Julie Delpy) eskaliert die Lage endgültig, als Daltons Ehemann in Französisch-Guyana als Geisel genommen wird. Klingt nach Hochspannung, ist aber in Wahrheit eine Menge an bekannten Aneinanderreihungen: Terroristen mit 08/15-Agenda und eine Verschwörung, die größer wirkt, als sie am Ende tatsächlich ist.

Enttäuschend 

Dabei wären die Zutaten da. Delpy, bekannt aus der „Before-Trilogie“, verleiht ihrer Präsidentin eine kühle Entschlossenheit, Jones zeigt in Ansätzen die Härte einer Staatschefin. Doch die Serie gönnt ihnen kaum Raum für echte Charakterzeichnung. Stattdessen werden private Angelegenheiten (wie etwa der Fakt, dass Toussaint eine Affäre mit ihrem Stiefsohn hat), familiäre Konflikte und die obligatorischen Intrigen mit solcher Eile abgehakt, dass man schnell das Gefühl hat, eine KI hätte sich durch alte Drehbücher gefräst. Dass Netflix hier auf ein internationales Star-Duo setzt, ist verständlich. Dass man die beiden mit einem halbfertigen Skript abspeist, ist ärgerlich. Denn „Hostage“ zeigt, wie wenig eine Serie gewinnt, wenn man politische Schlagwörter (Migration, NATO-Schwäche, Gesundheitssystem) bloß abnickt, statt sie ernsthaft durchzudenken.

Am Ende ist man unbefriedigt, es wirkt patriarchalisch und lächerlich zugleich. Die Chance wäre da gewesen. Delpy und Jones hätten sich ein  vielschichtiges Duell liefern können. Stattdessen wirken die fünf Folgen wie ein halber Thriller. Eine Serie, die kaum mehr ist als ein Notizbuch politischer Klischees und mit Schauplätzen, die aussehen wie Sparversionen  der überaus gelungenen Netflix-Polit-Thriller Serie „Diplomatische Beziehungen“. 

Kommentare