KI statt Regionalität: Die "Bild" baut 200 Stellen ab

Zeitungen "Bild" und "Die Welt"
8 von 16 Ausgaben werden eingespart. Auch die Führungsebene soll deutlich verschlankt werden.

Der Axel-Springer-Verlag will seinen Sparkurs bei der Bild-Zeitung mit schlankeren regionalen Strukturen voranbringen. Die Zahl der Regionalausgaben soll von 18 auf zwölf verringert und kleinere Standorte sollen komplett geschlossen werden, wie der Konzern am Montag in Berlin ankündigte. Nach dpa-Informationen könnten etwa 200 Stellen betroffen sein. Der Konzern bemühe sich, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und sozialverträgliche Lösungen zu finden, hieß es in einer Mail an die Bild-Belegschaft.

„Wir trennen uns von Produkten, Projekten und Prozessen, die wirtschaftlich nie wieder erfolgreich werden können“, hieß es in dem Mail, das der dpa vorlag, weiter. Sie wurde von den Chefredakteuren Marion Horn und Robert Schneider sowie den Geschäftsführern Claudius Senst und Christoph Eck-Schmidt unterzeichnet.

Erläutert wurden die Pläne am Montag auch in einem sogenannten All-Hands-Meeting - solche Runden werden bei der Bild zur Bekanntgabe wichtiger Neuerungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einberufen. Die neue Struktur, mit der die im Februar verkündete Digital-only-Strategie umgesetzt werden soll, kommt demnach zum 1. Jänner 2024 - ab Juli soll es erste Veränderungen geben.

Auch die Führungsebene solle deutlich verschlankt werden. Die Struktur, mit der die im Februar verkündete Digital-only-Strategie umgesetzt werden soll, solle mit 1. Jänner 2024 kommen.

"Wir müssen uns leider auch von Kollegen trennen..."

Auch die stärkere Nutzung Künstlicher Intelligenz spielt eine Rolle: "Wir müssen uns damit leider auch von Kollegen trennen, die Aufgaben haben, die in der digitalen Welt durch KI und/oder Prozesse ersetzt werden oder sich in dieser neuen Aufstellung mit ihren derzeitigen Fähigkeiten nicht wiederfinden", hieß es in einer Mail an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der "Bild", die der dpa vorlag.

Der Konzern bemühe sich, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und sozialverträgliche Lösungen zu finden. Zunächst hatte das Handelsblatt über die neuen Einsparmaßnahmen berichtet.

Vor der Neubesetzung der Chefredaktion stand die Bild lange wegen Vorwürfen des Machtmissbrauchs gegen Ex-Chefredakteur Julian Reichelt in den Schlagzeilen. Er musste den Konzern schließlich verlassen. Reichelt wies die Vorwürfe zurück und sprach später von einer „Schmutzkampagne“ gegen ihn.
Im April hatte Springer Klage gegen Reichelt eingereicht. Es geht um den Vorwurf von Vertragsverstößen im Zusammenhang mit seinem Ende bei dem Medienhaus. Der Konzern wirft Reichelt außerdem vor, Mitarbeiter abgeworben zu haben. Springer fordert deshalb die gezahlte Abfindung zurück. Vor dem Arbeitsgericht Berlin gab es dazu Anfang Juni zunächst keine Einigung.

Im Zuge der neuen regionalen Struktur sollen die Ausgaben Leipzig, Dresden und Chemnitz zu einer Sachsen-Ausgabe zusammengelegt werden, Düsseldorf und Köln zur „Bild“ Rheinland, in Hamburg soll die kleinere (Tabloid)-Ausgabe eingestellt werden. Der Umfang der Regionalberichterstattung für alle Regionalausgaben wird demnach auf eine Seite Lokales und eine Seite Lokalsport vereinheitlicht.

Entsprechend der Reduzierung der Ausgaben verringert sich auch die Zahl der Standorte. Die großen Standorte Hamburg, Leipzig, Essen, Frankfurt/Main und München sollten erhalten bleiben.
Die neue Struktur solle zum digitalen Wachstum beitragen - vor allem in der Reichweite. „Digital only liefert enorme Chancen für die Bild.“ Auch die Führungsebene solle deutlich verschlankt werden. So seien unter anderem flachere Hierarchien das Ziel. „Die Funktionen der Redaktionsleiter, Blattmacher, Korrektoren, Sekretariate und Foto-Redakteure wird es so wie heute nicht mehr geben“, hieß es in der Mail weiter.

Auflage stark gesunken

Die Auflage von Deutschlands größter Boulevardzeitung ist in den vergangenen Jahren stark gesunken. Ende 2022 lag die verkaufte Auflage bei 1,1 Millionen Exemplaren (mit der Berliner Boulevardzeitung B.Z.). Im vierten Quartal 2013 waren noch mehr als doppelt so viele Exemplare täglich verkauft worden.

Im März war überraschend die Spitze der Bild ausgetauscht worden. Die bisherigen Chefredakteure Johannes Boie, Alexandra Würzbach und Claus Strunz schieden aus ihren bisherigen Rollen aus. Marion Horn, die bereits mehr als 25 Jahre für den Springer-Konzern tätig war, kam zurück und übernahm die Chefredaktion. Begründet wurde der damalige Wechsel mit der Digitalstrategie.

Im April kam der bisherige „Focus“-Chef Robert Schneider als Co-Chefredakteur dazu.

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