Neuer Pixar-Animationsfilm "Elio": "Wir sind alle Erdlinge"

Mit einem Nudelsieb als Helm und einem selbst gebastelten Umhang rüstet sich der elfjährige Elio für sein großes Abenteuer. Sein Traum: von Aliens entführt zu werden. Denn auf der Erde fühlt er sich nach dem Tod seiner Eltern nicht wirklich zugehörig.
Als seine Kontaktversuche Erfolg haben, landet Elio wirklich im All – jedoch wird er irrtümlich für den Anführer der Erde gehalten. Wie er aus dem Schlamassel wieder herauskommt, ist ab 19. Juni im neuen Pixar-Film „Elio“ zu sehen. Produzentin Mary Alice Drumm gab dem KURIER im Zuge eines Promo-Termins in München ein Interview.
KURIER: Mitten in den Arbeiten zu „Elio“ gab es einen Regiewechsel, anstelle von Adrian Molina („Coco“) haben Madeline Sharafian und Domee Shi („Rot“) übernommen. Wie kam es dazu?
Mary Alice Drumm: Die Hollywood-Streiks haben auch den Zeitplan von „Elio“ beeinflusst. Adrian wollte gerne „Coco 2“ machen und irgendwann kam der Punkt, an dem klar war: Wenn „Elio“ länger dauert, muss Adrian sich entscheiden. Mit Maddie und Domee haben wir die richtigen Personen gefunden, um den Film fertigzustellen.

Neuer Pixar-Film "Elio"
Wie hat das „Elio“ verändert?
Mit ein Grund, warum Pixar-Filme so erfolgreich sind, ist, dass die Regisseurinnen und Regisseure eine starke Verbindung zum Stoff haben. Es war also klar, dass sich noch Dinge verändern würden. Maddie hat vorgeschlagen, dass Elio selbst ins All möchte – in früheren Versionen war er da eher zögerlich. Außerdem war Olga ursprünglich die Mutter. Domee und Maddie haben aber selbst keine Kinder und ihren eigenen Zugang zu der Figur gesucht. Aus Olga die Tante zu machen, hat der Geschichte eine ganz andere Dynamik verliehen.
Als Inspiration für die Außerirdischen dienten Tiefseelebewesen, die Farbpalette wurde mit Wollknäuel zusammengestellt, es gab sogar einen Modewettbewerb bei Pixar, um das Design für Elios Umhang zu finden. Das alles klingt sehr analog für einen Animationsfilm. Ist das der übliche Prozess?
Natürlich entstehen unsere Filme am Computer, aber wir versuchen bei Pixar so viel wie möglich haptisch zu erforschen. Bei „Merida – Legende der Highlands“ wird der Protagonistin Schlamm ins Gesicht geworfen. Der Shading Art Director ist also nach draußen gegangen und hat Leuten Schlamm ins Gesicht geworfen, um eine Referenz zu haben (Das kann man auch am YouTube-Channel von Pixar im Kurzfilm „Dirty Hairy People“ sehen, Anm.). Bei „Elio“ hat jemand aus dem Kostümteam vorgeschlagen, dass wir diese Fashionshow machen – mit einer eigenen Jury. Mit den Umhängen wurden auch Windtests gemacht, um zu sehen, wie sich der Stoff bewegt, wenn er beispielsweise aus Zeltmaterial besteht oder aus Papier. Es war eine wirklich lustige Teambuilding-Gelegenheit, die auch einen praktischen Nutzen hatte.
Sie arbeiten seit mehr als 16 Jahren bei Pixar – was war das Schrägste, das Sie in der Hinsicht erlebt haben?
Da gab es einiges. Ich kann meiner Familie gar nicht alles erzählen, weil sie mich sonst fragen würden, ob das wirklich als Arbeit zählt (lacht). Schlamm wurde mir bisher keiner ins Gesicht geworfen, aber bei uns passiert immer irgendetwas, das nicht alltäglich ist.

„Elio“ handelt von Einsamkeit, es geht aber auch ums Knüpfen neuer Freundschaften – mit Menschen, oder in diesem konkreten Fall Wesen, die anders aussehen oder sprechen als man selbst. Wie wichtig ist so eine Geschichte in einer Zeit, in der marginalisierte Gruppen immer mehr angefeindet werden?
Der Film hat ein universelles Thema, das sehr aktuell ist. Nämlich dass wir alle mehr gemeinsam haben, als uns unterscheidet. Ich zitiere gerne Dr. Jill Tarner (US-Astronomin, Anm.): Wenn man ins Universum blickt und sieht, wie groß es ist, kann man sich schnell klein, unbedeutend und verloren fühlen – aber man kann auch die Tatsache wertschätzen, dass wir Teil davon sind. Wenn man dann wieder auf die Erde blickt, stellt man fest, dass wir im selben Boot sitzen und dass wir alle Erdlinge sind. Ich finde das Konzept des „Communiverse“ im Film toll, eine Art Vereinte Nationen, wo nicht nur verschiedene Menschen, sondern unterschiedliche Spezies und Sprachen zusammenkommen. Auch Olga und Elio wirken unterschiedlich, sind es aber nicht. Wenn wir uns alle stärker miteinander verbunden fühlen würden, wäre alles einfacher.
Ist „Elio“ auch politisch?
„Politisch“ ist vielleicht ein Reizwort für manche. Aber gutes Storytelling zeichnet aus, dass man überrascht wird, Empathie empfindet und andere Menschen und ihre Perspektiven zu verstehen beginnt. Über Geschichten können wir eine Verbindung zu anderen aufbauen und voneinander lernen. In dem Sinn hoffe ich, dass jeder Pixar-Film ein Stück weit genau das tut: Uns daran erinnern, was es heißt, gemeinsam Mensch zu sein.
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