Ein Star in Demut
Der Abend im Red Bull Verlag begann ein wenig schwunglos: Zwei Journalisten, die das Produkt mit dem naheliegenden Namen Andreas Gabalier anpriesen. Sozusagen die Vorband auf den Hauptdarsteller und Chefredakteur des Produkts in Personalunion, der schließlich auch die Bühne erklomm. Gabalier, der Stadien mehrfach ausverkauft, erging sich in Demut. „Ich habe das große Glück gehabt, in einem schönen Breitengrad geboren zu sein. In eine liebevolle Familie." Styrian privilege, sozusagen.
Viel zu oft: "Danke"
In der Tonart präsentiert Gabalier sein Andreas Gabalier weiter: „Ich hab ein großes Glück gehabt“, wiederholt er öfters. Familie, Freunde, Förderer, Arbeitgeber (alle eingeladen an dem Abend), der Erfolg generell. „Dankbar“ fällt ungezählte Male. Viel zu oft.
Wo ist der Spalter?
Was hingegen fehlt: Der polarisierende Gabalier, der „Manderl und Weiberl“ als ideale Beziehungsform gegen den LGBIQ-Zeitgeist propagiert. Der sich rechts positioniert. Der den Macho raushängen lässt. Gabalier, wie ihn seine Gegner hassen, ist an diesem Abend gut versteckt. Nach ein paar Höflichkeits-Songs für die versammelten Gäste wird das Magazin dann verteilt. Versteckt sich der spaltende Gabalier in den Seiten?
Idylle aus dem Gestern
„Willkommen in meiner kleinen steilen Welt“ lautet die Unterzeile auf dem Cover. Und wir lernen: Andreas Gabalier zelebriert ein Leben, das geprägt ist von der Vergangenheit: Alte Freunde, alte Rituale (die 90er-Jahre!) werden hoch gehalten. Die Oma. Der alte Bauernhof. Gabalier ist fest verwurzelt im Gestern und dominiert damit für viele Menschen das heute.
Bügeln und Chillen
Diese Fans sind auch die Hauptzielgruppe des Hefts: Verkauft wird es ab Freitag, danach folgt zeitnah die Deutschlandtournee. Die Fanshops werden Andreas Gabalier verkaufen: Wir sehen Gabalier beim Bügeln, beim Sinnieren, beim Chillen auf dem Eames-Ensemble. Wir lernen, dass er immer 500 Euro in bar dabei hat, um beim Zahlen auch ordentlich Trinkgeld zu hinterlassen. Wir sehen ihn als kleinen Bub und irgendwie erscheint alles so, als ob Gabalier in dem Heft alles, nur nicht polarisieren wolle.
Gendern? Nein, danke
Dies reicht bis zum Doppelinterview am Heftende mit Kabarettistin Monika Gruber, die sich in der Corona-Pandemie als Maßnahmenkritikerin hervortat. Dort lästern beide übers Gendern – auch in der Bundeshymne, deren offizieller Text mittlerweile jene „Töchter“ enthält, die Gabalier beim Absingen geflissentlich ignoriert.
"Dafür stehe ich gern ein"
Und dann, ja dann kommt’s aber faustdick: Die beiden reden über die Regenbogenparade. „Würdest du da mitgehen, als Frau?“, fragt Gruber: „Damit hätte ich überhaupt kein Problem, es gibt viele Minderheiten, dafür stehe ich gern ein“, antwortet Gabalier. (Das Interview war offenkundig schon lange fertig, als am vergangenen Wochenende eine Dragqueen in einem LGBTQ-Zentrum Kindern Bücher vorlas und Rechtsextreme das verhindern wollten)
Wir klappen das Heft zu. Und sind ebenso geläutert wie der Volks-Rock’n’Roller wirkt. Er wirkt auf seine Weise woke, möchte man fast sagen.
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