Für Leichtfried "sozusagen die Daumen halten" - Ö1 entschuldigt sich

PK SPÖ "WAHRHEITSPFLICHT IN AUSSCHÜSSEN": LEICHTFRIED
Im Ö1-Morgenjournal fand ein gewohnt konfrontativ geführtes Interview mit dem SPÖ-Politiker Jörg Leichtfried ein seltsames Ende.

*Disclaimer: Das Radio-Tagebuch heißt ansonsten TV-Tagebuch, das ansonsten eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends ist.*

Üblicherweise wird hier über bemerkenswerte TV-Momente berichtet. Viel zu selten fällt der Blick auf das Wunderding Radio. Der aktuelle Anlass ist auch nicht unbedingt ein würdiger, denn es gäbe so viel über Ö1 zu sagen, diesen besonderen Ruhepol in der heimischen Medienlandschaft, einen Kultursender, der diesen Namen wirklich verdient, einen Infosender, der gerade „Die Geschichte Österreichs“ von Ernst Bruckmüller in spannenden 29 Kapiteln erzählen lässt und Tag für Tag ab dem Frühstück die Themen serviert, an denen man sich orientiert.

Aber wie überall, geht auch hier einmal was – mit nur einem kurzen Satz – daneben. Auf Nachfrage entschuldigten sich die Ö1-„Journale“ heute für eine „missglückte und missverständliche Formulierung“.

Aber beginnen wir von vorne. Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried war heute Früh zu Gast im Morgenjournal, um vor der Sondersitzung im Nationalrat Bilanz über den Ibiza-U-Ausschuss zu ziehen. Es beginnt in bewährter Form. Moderatorin Agathe Zupan will konkret wissen, ob er - anders als Parteikollege Kai Jan Krainer - Neues aus den zuletzt gelieferten Unterlagen berichten könne.

"Mein Frage war eigentlich ..."

Leichtfried zieht aber lieber eine generelle Bilanz, meint, der U-Ausschuss hätte unter anderem eine „unglaubliche Abgehobenheit und Arroganz bei den regierenden Türkisen“ offengelegt, zu konkreten Ermittlungen gegen Politiker geführt und einen „laufenden Verfassungsbruch durch den Finanzminister zuerst aufgedeckt und dann unterbunden“.

Zupan dazu: „Herr Klubobmann, Arroganz ist jetzt kein strafrechtlicher Tatbestand. Und meine Frage war eigentlich: Was ist in den Unterlagen, die vergangene Woche geliefert wurden, so Brisantes? … Haben Sie dazu was zu sagen, das würde uns ganz einfach interessieren.“

Leichtfried: „Es gibt einfach einige Dinge, die zeigen dieses Bild weiter, das wir schon gesehen haben …“

„Also more of the same, mit einem Wort“ – Zupan bleibt hartnäckig bei ihrer Forderung nach konkretem News-Wert. Aber man kann es vorwegnehmen: Eine Antwort zu neuen Erkenntnissen bleibt an dieser Stelle aus.

"Keine Neidgefühle"

Neue Erkenntnisse zu den SPÖ-internen Grabenkämpfen will Leichtfried ebenfalls nicht liefern. Er wolle sich weiterhin zu solchen Fragen nicht öffentlich äußern.

Ob ihn, Leichtfried, nicht Neidgefühle plagen, wenn man sehe, wie geschlossen Regierungsmannschaft und Parlamentsklub der Türkisen weiterhin auftrete?

Leichtfried schmunzelt und sagt: „Nein, es sind keine Neidgefühle. Es ist notwendig, dass wir uns hier verbessern. Es geht ja nicht um uns, es geht um Österreich.“

Er betont noch einmal die Gegnerschaft zur „abgehobenen“ ÖVP, die sich vornehmlich um „die Superreichen“ kümmere. Das zu ändern, dafür arbeite die SPÖ gemeinsam, erklärt Leichtfried. „Wir werden das so lange tun, bis wir endlich wieder ein lebenswertes Österreich haben …“

„… und auch wieder gewählt werden, nehme ich an“, ergänzt Zupan.

„Und natürlich wieder gewählt werden, und in größerem Ausmaß gewählt werden“, sagt Leichtfried.

„Dann halt ich Ihnen … sozusagen … die Daumen“, sagt Zupan.

Es ist ein seltsames Ende für ein eigentlich gewohnt konfrontativ geführtes Interview.

Eine alte Weisheit

Auf das „Sozusagen“ stützt sich Ö1 in seiner Antwort auf die KURIER-Anfrage. Die Aussage sei „am Ende eines Live-Interviews, das Herrn Leichtfried hörbar unangenehm war“ gefallen. „Die Aussage war von der Moderatorin selbstverständlich nicht unterstützend, sondern ironisch gemeint und bestätigt leider die alte Weisheit, dass Ironie im Radio einfach nicht funktioniert. Schon gar nicht in einer Informationssendung.“

Das "Bilderradio" ist eben das Fernsehen - und dort funktioniert Ironie auch nicht immer, aber immerhin besser, wenn etwa eine Gestik oder ein Schmunzeln in der Mimik das Gesagte noch klarer markiert. Sozusagen.

LINK: Das Interview zum Nachhören (sieben Tage lang)

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