Deutsche Zeitungsbranche im Streit mit Fernsehriesen
Mehr als zwanzig Jahre dauert die rechtliche Auseinandersetzung privater deutscher Medien mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk um deren Onlineangebote an. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) erhöht im Streit mit der ARD nun den Druck und hat erneut die EU-Kommission eingeschaltet.
Ähnlich wie in Österreich, stoßen sich deutsche Zeitungsverlage an der Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen im Internet, die aus Sicht der Verleger zu textlastig ausfällt. Sie sehen die Gefahr, dass die Angebote zu sehr ihren eigenen ähneln könnten und es zu Wettbewerbsnachteilen kommt. Anders als der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanzieren sich Medienhäuser über Werbung, Abos und Verkauf. ARD, ZDF und Deutschlandradio werden hingegen durch den Rundfunkbeitrag finanziert, der als Haushaltsabgabe der künftigen ORF-Gebühr ähnelt. In Deutschland ist per Staatsvertrag festgelegt, dass die Angebote der Öffentlich-Rechtlichen nicht zu sehr den Textangeboten der privaten Medienhäuser ähneln dürfen. Immer wieder wird darüber gestritten, wie weit oder eng das im konkreten Fall auszulegen ist.
Rüge aus Brüssel
Nach einer ersten Klage des Verbandes Privater Medien (VPRT) von 2002 kam es 2007 zu einer Rüge durch die EU-Kommission. Es wurde in Brüssel festgestellt, dass die Finanzierungsregelung für die Öffentlich-rechtlichen nicht mehr mit EU-Recht vereinbar sei und der Rundfunkbeitrag eine Beihilfe darstelle. Im Kern wurde eine Präzisierung des Onlineauftrags und eine wirksame Kontrolle von dessen Einhaltung gefordert. Die Bundesländer verpflichteten sich daraufhin etwa, die Onlinemedienangebote einem Dreistufentest zu unterziehen. Damit wurde das Verfahren 2007 eingestellt.
Der BDZV kritisiert nun 16 Jahre später die ungenügende Einhaltung des Kompromisses. Wie die F.A.Z. berichtet, wird bemängelt, dass nach wie vor kein klarer Auftrag für „Telemedien“ und digitale Zusatzangebote bestehe und man deshalb von einem Beihilfemissbrauch ausgehe. Die ARD ließ dazu mitteilen, dass man sich zu den Punkten, die der BDZV kritisch sieht, „bereits mehrfach mit den Verlegern ausgetauscht“ habe. „Wir sind an einem guten Miteinander und Kooperationen mit den Verlagen interessiert“, hieß es. Dazu bleibe man mit dem Verband im Gespräch, „denn wenn wir die Vielfalt und publizistische Stärke der deutschen Medienlandschaft erhalten wollen, dann stehen wir in einer zunehmend monopolisierten Medienwelt vor Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen werden.“
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Unter Druck
In der Schweiz geraten die Printmedienhäuser durch die Vormachtstellung der US-Techriesen im Werbemarkt ebenfalls zunehmend unter Druck. Der Großkonzern CH Media verkündete kürzlich den Abbau von 150 Vollzeitstellen, Tamedia (u.a. 20minuten) spart mehr als 80 Stellen ein. Die Auflagenzahlen haben sich seit 2009 halbiert – von 9 Millionen auf 4,8 Millionen. 60 Zeitungstitel (von 310) gingen im selben Zeitraum verloren.
Im Gespräch mit dem ORF-Radio Ö1 warnte der Präsident des Schweizer Verlegerverbandes, Andrea Masüger, vor Auswirkungen auf die direkte Demokratie der Schweiz mit ihren vielen Abstimmungen. Es sei „unerlässlich, dass die Leute die relevanten Informationen bekommen. Deshalb ist es auch im Interesse des Staates, dass er hier unterstützt und hilft“, fordert Masüger.
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