Bundeskanzleramt sieht keine Einschränkung der Pressefreiheit

Opposition übt nach Abrutschen Österreichs in Reporter-ohne-Grenzen-Ranking Kritik an Koalition.

Nach Veröffentlichung des aktuellen Rankings zur Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen hat sich das Bundeskanzleramt zu Wort gemeldet: Von einer Einschränkung der Pressefreiheit in Österreich könne nach Ansicht der Bundesregierung „keine Rede“ sein. Dies teilte das Bundeskanzleramt am Donnerstag mit, nachem Österreich seine Einstufung als Land mit "guter Pressesituation" verloren hat.

"Gehört zu unseren Pflichten, Meinungsäußerung zu schützen"

„Es gehört zu unseren Pflichten als Demokraten, die freie Meinungsäußerung nicht nur zu schützen und hochzuhalten, sondern auch anzuprangern, wenn diese Freiheit Gefahr läuft angegriffen zu werden“, lautete eine der APA übermittelte Stellungnahme. Die Bundesregierung trete dafür ein, hieß es unter Verweis darauf, dass die journalistische Arbeit „explizit“ aus der Datenschutzgrundverordnung ausgenommen worden sei.

"Jede Einschränkung inakzeptabel"

Damit habe man nicht nur klargestellt, dass an der Pressefreiheit „nicht zu rütteln und jede Einschränkung inakzeptabel“ sei, sondern auch eine „nachhaltige Maßnahme zur Stärkung der Presse- und Medienfreiheit gesetzt“. Die Pressefreiheit sei als Grundrecht verfassungsrechtlich verankert und stelle eine „wesentliche Basis unserer Demokratie und selbstverständlich auch insbesondere für unsere Politik dar“, so das Bundeskanzleramt. „Pressefreiheit basiert auf der Meinungsfreiheit und gehört zu den höchsten Gütern der Demokratie.“

Österreich ist um fünf Plätze abgerutscht

Reporter ohne Grenzen hatte in dem Bericht das Abrutschen Österreichs vom elften auf den 16. Platz vor allem mit direkten Angriffen auf Journalisten durch die Politik erklärt. Seit Beginn der ÖVP-FPÖ-Koalition seien diese häufiger geworden, hieß es darin. Die Rangliste der Pressefreiheit wird seit 2002 jährlich erstellt und misst durch 117 Fragen die Situation von Journalisten, Medienhäusern und zivilen Bürgerreportern in 180 Ländern. Damit ist die Rangliste der Pressefreiheit eines der besten Instrumente, um Informationsfreiheit sowie Pressefreiheit in einer Region zu erfassen.

Thomas Drozda (SPÖ): "Sehr beunruhigende Entwicklung"

Auch Reaktionen vonseiten der Opposition auf das diesjährige Untersuchungsergebnis ließen nicht lange auf sich warten. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda stellte in einer Aussendung eine „sehr beunruhigende Entwicklung“ fest. „Wir sehen in vielen Ländern, dass Einschränkungen der Pressefreiheit und Attacken auf unabhängige JournalistInnen die ersten Schritte auf dem Weg in Richtung illiberale Demokratie sind“, hieß es am Donnerstagnachmittag.

„Statt wie erst unlängst die Berichterstattung unabhängiger JournalistInnen vor laufenden Kameras als 'Falschinformation' zu diffamieren und JournalistInnen der Lüge zu bezichtigen, muss sich (Bundeskanzler Sebastian, Anm.) Kurz für mehr Medien- und Pressefreiheit einsetzen“, forderte Drozda.

Werner Kogler (Grüne): "Autoritäre Demokratie nach dem Vorbild Viktor Orbáns"

Werner Kogler, Bundessprecher der Grünen und Spitzenkandidat für die EU-Wahl, sieht in der Rückstufung eine Bestätigung: „Die Kritik von 'Reporter ohne Grenzen' bestätigt, was aufmerksame Bürgerinnen und Bürger schon seit geraumer Zeit wahrnehmen: die ersten Tendenzen von Türkis-Blau in Richtung autoritäre Demokratie nach dem Vorbild Viktor Orbans. Das ist zu stoppen“, forderte er in einer Aussendung.

Niki Scherak (Neos): "Wir sind entsetzt und alarmiert"

„Wir sind entsetzt und alarmiert, aber nicht sonderlich überrascht“, beschrieben der stellvertretende NEOS-Klubobmann Niki Scherak und EU-Spitzenkandidatin Claudia Gamon ihre Reaktion in einer Pressemitteilung. „Wenn man sich, so wie Kurz und (Vizekanzler Heinz-Christian, Anm.) Strache, seit Jahren willfährige Berichterstattung mit teuren Inseratenversprechen erkaufen will, Unsummen an Steuergeld in parteinahe Medien pumpt und gleichzeitig massiven Druck auf unabhängige Redaktionen ausübt und kritische Journalisten durch ständige Bedrohungen und Untergriffe einzuschüchtern versucht, dann hat man eben relativ rasch die Freiheit auf dem Gewissen“, lautete ihr Fazit.

„Alarmierend“, nannte Alma Zadic, Menschenrechtssprecherin der Liste JETZT, das Resultat. „Wenn sich die ÖVP/FPÖ-Regierung der Message-Control innerhalb ihrer eigenen Reihen bedient, ist das eine Sache. Aber die Message-Control für ganz Österreich ist schlicht und ergreifend rechtsstaatlich unvertretbar“, erklärte Zadic in einer Aussendung. Zudem forderte sie ein „Informationsfreiheits-Gesetz“, mit dem die Koalitionspartner ein paar Plätze in diesem Ranking wieder gut machen könnten.

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