Rückzug von Al-Jazeera: Medien am Balkan unter Druck

FILE PHOTO: A general view of an Al Jazeera building in Doha
Mitte Juli verkündete Al Jazeera Balkans überraschend das Ende des Senders in der Region. Doch auch andere Sender sind nur noch auf Sparflamme unterwegs.

Zusammenfassung

  • Al Jazeera Balkans stellt nach 14 Jahren den Betrieb ein, während Material aus dem Archiv bis Ende Juli ausgestrahlt wird.
  • US-Finanzierungen für unabhängige Medien, einschließlich am Balkan, wurden nach Trumps Amtsantritt eingefroren.
  • Internationale US-Medienanbieter wie Voice of America und Radio Free Europe sind von Schließungen betroffen, während politische Einflussnahme auf Medienunternehmen in Südosteuropa Besorgnis erregt.

Am 12. Juli 2025 lief die letzte Sendung des Medienanbieters Al Jazeera Balkans (AJB), nach 14 Jahren folgt ein abruptes Ende. Auf dem Sender wird das Programm mit Material aus dem Archiv bis Ende Juli abgespielt. Auf der Website mit schwarzem Hintergrund ist folgende Information zu entnehmen: "Das Al-Jazeera-Balkans-Programm wird eingestellt: Vielen Dank für Ihr Vertrauen."

Ende für Al-Jazeera-Balkans

Auf der Seite sind die letzten aktuellen Geschichten zu finden. Wann sie gänzlich abgeschaltet wird, ist unklar. Die Zentrale des Unternehmens, das die Region am Balkan mit rund 20 Millionen Menschen über ein Jahrzehnt lang mit Nachrichten versorgt hat, befindet sich in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo. In einer offiziellen Stellungnahme des Senders heißt es, dass die Gründe für die Schließung auf einer Entscheidung beruhen, die "Teil einer umfassenderen Strategie zur Stärkung der digitalen Präsenz und zur Expansion auf neue Medienplattformen" ist. 

Bosnische Medien berichten von finanziellen Schwierigkeiten des Senders. Mit einem Schlag verlieren nun mehr als 200 Mitarbeiter ihre Jobs, vermeldet etwa Radio Free Europe.

Streichung von Förderungen

Die US-Entwicklungsbehörde USAID finanzierte unabhängige Medien durch Zuschüsse. Auch am Balkan soll die Behörde unabhängigen Journalismus gefördert haben, genaue Daten über die Anzahl der Medien liegen allerdings nicht vor. Nach dem Amtseintritt von US-Präsident Donald Trump wurde im Jänner 2025 ein Großteil der US-Hilfe für das Ausland eingefroren – dies galt auch für USAID, die am 1. Juli 2025 aufgelöst wurde (der KURIER berichtete).

Durch USAID sollen unter anderem Medien in Serbien profitiert haben, die vor allem für regionalen Journalismus standen, sowie kleinere Webportale. Auch in Bosnien-Herzegowina verloren mehrere kleinere Medienunternehmen ihre finanzielle Grundlage, was zu Personalabbau führte. Nach Angaben der Organisation sollen 2023 mehr als 6.200 Journalisten im Ausland und 707 Medienorganisationen in über 30 Ländern durch die US-Entwicklungsbehörde unterstützt worden sein.

Internationale Medien schwinden

Mitte März 2025 ordnete Trump die Schließung der internationalen US-Medienanbieter Voice of America (VOA) und Radio Free Europe/Radio Liberty an, wie Deutsche Welle schreibt. Die Mitarbeiter von VOA sind seit dem 15. März beurlaubt, Radio Free Europe wehrte sich erfolgreich gegen eine Schließung. Sie arbeiten derzeit auf Basis einer einstweiligen Verfügung eines Bundesgerichts in Washington weiter. Betroffen waren auch regionale Journalisten und Korrespondenten, die für Voice of America und Radio Free Europe am Balkan tätig waren; sie mussten ihre Arbeitsplätze räumen.

Besorgnis um politische Einflussnahme

Im Juni kam es zu einem Machtwechsel beim Medienkonzern UM, der in Südosteuropa tätig ist. Konzern-Gründer Dragan Šolak wurde aus dem Aufsichtsrat hinausgeworfen. Zum Konzern gehören die Regionalsender N1 und Nova. Nach Šolaks Abgang äußerten Redakteure der Sender ihre Bedenken hinsichtlich politischer Einflussnahme. Seit Jahren werden Medien der UM vom serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić attackiert. Anfang Juni erhielten Journalisten von N1 Morddrohungen in der Redaktion.

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