Die Start-up-Show "2 Minuten 2 Millionen" von Puls 4 geht in ihre Jubiläumsstaffel. Bau-Tycoon Hans Peter Haselsteiner ist seit Ende der ersten Staffel das prominenteste Gesicht der Show, bei dem Jungunternehmer um Unterstützung werben. Bei einem KURIER-Studiobesuch in Sankt Marx sprach Haselsteiner über das wirtschaftliche Umfeld für Unternehmensgründungen. Als Unterstützer der Neos hat er auch prononcierte Ansichten zur Europapolitik und zur ÖVP-FPÖ-Koalition in Niederösterreich.
KURIER: Bei “2 Minuten 2 Millionen” sind sie ein bisschen in der Rolle des Grandseigneurs, der sich das aus der Distanz anschaut und dann seinen Kommentar abgibt.
Hans Peter Haselsteiner: Ja, man sollte sich die Sachen anschauen. Aber es ist eine schwierige Zeit. Die Pandemie und jetzt dieser Krieg, es ist keine gute Zeit für Start-Ups.
Herrscht zu wenig Risikobereitschaft?
Die Märkte sind schwieriger. Es wird schwieriger, überhaupt eine Nische zu definieren, geschweige denn die Voraussetzungen zu erfüllen, die man braucht, um Investorengeld zu bekommen. Man darf nicht vergessen: Das sind ja keine Sozialprojekte, wo man jemandem ein bisschen hilft. Sondern man vergibt Geld, weil man glaubt, Geld mit Ertragsanteil zurückzubekommen. Aber das wird immer schwieriger.
Sie sind ja in der vergangenen Staffel bei einer App eingestiegen, was für Aufsehen gesorgt hat. Haben Sie Lust auf mehr Tech-Start-Ups?
Das war eine große Ausnahme.
Aber was hat Sie so fasziniert an dem Produkt?
Das ist auch ein bisschen aus der Situation heraus entstanden, aus einer Laune heraus. Bis zu einem gewissen Grad durchbricht man hin und wieder seine Überlegungen. Das hat aber ganz vernünftig geklungen. Ich bin mit 5 Prozent eingestiegen und meine Mitarbeiter kümmern sich darum.
Hält das, was in der Sendung zugesagt wird, meistens?
Wenn sich die Pitcher daran halten, was sie uns gesagt und nicht geschwindelt haben, dann gilt's. Hin und wieder gibt es schon Überraschungen. Da wird von einer Patenterteilung geredet und dann wurde noch nicht einmal ein Antrag gestellt. Aber wenn solche Überraschungen nicht kommen, dann gilt natürlich das Wort.
Es gibt dann also noch eine Due Diligence Prüfung …
Es wird natürlich schon in der Sendung gesagt, dass die Zusage vorbehaltlich einer technischen oder kaufmännischen Due Diligence erfolgt. Wenn jemand etwas Komplexes vorstellt, eine technische Innovation zum Beispiel, dann kann man das von außen nicht in zwei Minuten prüfen. Da hatten wir schon allerhand Fußfallen.
Wie beurteilen Sie die Start-Up Szene generell in Österreich?
Ich glaube schon, dass ein kleines Land wie Österreich natürlich auch bei den Start-Ups kleinere Brötchen bäckt, größere Märkte bieten auch größere Chancen. Das ändert nichts daran, dass der Erfindungsreichtum immer von einem Individuum ausgeht und ob der aus einem kleinen Land oder aus einem großen Land kommt, spielt keine Rolle. Eine Rolle hingegen spielt es dann, wenn es um den Markt geht, also um die Skalierung. Selbst wenn ich den deutschsprachigen Raum zusammenfasse, ist er winzig gegen die Märkte in Amerika oder Asien. Man muss schon europäisch denken, wenn man einen vergleichbaren Markt im Auge hat. Darüber hinaus sind wir zwar rund 500 Millionen Europäer, haben aber sehr unterschiedliche Kulturen, Geschmäcker oder Sprachen. Ein Produkt oder eine Idee findet nicht überall den gleichen Widerhall. Und das macht es wieder ein Stück schwieriger.
Welchen Impact kann da so eine Sendung haben, um Leute zu motivieren?
Ein Motiv von mir, hier mitzumachen war schon, insbesondere junge Menschen zu ermutigen, etwas zu wagen. Man muss sich ja erst einmal vor eine Fernsehkamera stellen und beim ersten Mal ist es oftmals eine Überwindung. Es geht auch darum, das Selbstbewusstsein junger Menschen zu stärken und zu fördern. „Trau dich was, steh für Deine Idee und hab keine Angst, ausgelacht zu werden. Du kannst stolz sein, dass dir etwas eingefallen ist, dass du etwas zusammengebracht hast und musst dich dafür nicht genieren.“ Einige kommen ja schon mit ersten Erfolgen im Gepäck. Und die bekannt zu machen und als Beispiel herauszustreichen, ist ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Sendung.
"Es reicht nicht, zu wissen, dass Strom aus der Steckdose kommt"
Man kann es auch als niederschwellige ökonomische Bildung sehen. Sehen Sie hier Nachholbedarf in Österreich?
Das ist nicht nur in Österreich so. In vielen Ländern gibt es da Aufholbedarf. Ein besseres Verständnis für die wirtschaftlichen Zusammenhänge würde jedem Bürger, jeder Bürgerin guttun und es würde auch die Demokratie stärken, weil es den Disput zwischen den gesellschaftlichen Gruppen, insbesondere zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern befördern würde. Es geht auch um Fragen wie Klimaschutz, Ressourcenverbrauch und wie wir Konsumströme lenken. Wenn wir in Zukunft, Verzicht üben müssen, wie z.B. gerade jetzt mit 19 Grad empfohlener Temperatur in Wohnräumen, ist es wichtig zu wissen, warum Energiepreise steigen und es reicht nicht, zu wissen, dass der Strom aus der Steckdose kommt. Ökonomisches Verständnis ist daher wertvoll.
Wobei zu beobachten ist, dass in den vergangenen Jahren die Wirtschaftsthemen in der Politik sehr dominant geworden sind ...
Sie sind anlassbezogen dominant geworden. Zuerst waren das die Corona-Auswirkungen, die ohne staatlichen Hilfen, viele in den Ruin getrieben hätten. Heute wissen wir, dass die Hilfen nicht punktgenau waren und dass vielen zulasten der Steuerzahler ein Körberlgeld ermöglicht wurde. Das war keine sonderliche Überraschung, das hat man damals schon ahnen können oder eigentlich gewusst. Die Begründung war: Es musste schnell gehen und es musste direkt Hilfe geleistet werden, damit sie Wirkung hat. Darüber lässt sich trefflich diskutieren. Und jetzt sind es die Energie- und Rohstoffpreise, wodurch verschiedene Branchen einfach nicht überleben würden, wenn sie nicht staatlich gestützt würden. Wenn man sich eine Bäckerei ansieht, wo der Mehlpreis sich verdreifacht und der Strompreis sich verachtfacht hat und weiß, dass es zwei zentrale Produktionsmittel gibt, nämlich Mehl und Strom, dann müsste die Semmel 4 Euro kosten, damit diese Preissteigerungen auf das Produkt überwälzt werden könnten. Und das ist nicht möglich.
Sie sind ja auch in der Politik gewissermaßen investiert. Die Neos scheinen bei Wahlen prozentmäßig eher auf der Stelle zu treten. Ist diese Zeit mit ihren ökonomischen Krisen eine Zeit, in der die Neos reüssieren können?
Eine politische Partei muss unter allen Bedingungen reüssieren können, damit sie eine Existenzberechtigung hat und nachhaltig agieren kann. Wir sehen das ja gut an der Impfgegnerpartei: Das ist eine Eintagsfliege, wenn das Thema weg ist, ist auch diese Partei weg. Politische Krisen oder politische Verwerfungen sind nun einmal da, werden sich aber auch wieder normalisieren. Ich bin überzeugt davon, dass die Neos aufgrund ihrer Programmatik letztendlich erfolgreich bleiben werden, weil sie als liberale Kraft eine politische Lücke füllen, die in Österreich immer da war, immer klein war, aber nur vermeintlich durch den „liberalen Flügel“ anderer Parteien besetzt wurde. Diese liberalen Flügel werden immer schwächer und immer unglaubwürdiger, sodass ich für die Neos sehr wohl gute Chancen erkenne. Darüber hinaus sind sie bisher von Wahl zu Wahl immer gestärkt worden und zeigt der Weg seit ihrer Existenz stetig nach oben, oftmals gelingen nur bescheidene Schritte, aber hin und wieder auch bemerkenswerte Sprünge, jedenfalls bin ich überzeugt, dass sie bei der nächsten Wahl wieder sehr gut abschneiden. Landtagswahlen sind für die Neos aber weit schwieriger, aber für die nächste Nationalratswahl bin ich äußerst zuversichtlich.
"Russland ist und bleibt ein Teil Europas"
Die Neos sind eine prononcierte Europapartei. Wie sehen Sie zurzeit das Klima für die EU? Sehen Sie die Gefahren, dass hier die Meinung in Österreich umschlagen könnte?
Die EU hat zurzeit ein großes Thema, dass sie mehr oder weniger zusammenschweißt: Das ist der Krieg in der Ukraine. Das ist ein Kitt, der noch sehr wirkungsvoll ist. Sehr viel schwieriger wird es werden, Nachkriegsszenarien zu entwickeln. Es wird sich kein Ozean auftun zwischen Europa und Russland und es wird unser Nachbar bleiben. Russland ist und bleibt ein Teil Europas. Es muss im europäischen Interesse liegen, nach dem Krieg einen Plan zu haben, wie sich das Verhältnis zwischen Europa und dem europäischen Land Russland weiterentwickelt. In einer nächsten und übernächsten Generation muss es eine Antwort auf diese grausame Erfahrung geben. Weil eines ist klar: Wäre Russland Teil des politischen Europa geworden, dann hätten wir uns viel ersparen können.
Ein politisch dominantes Thema zurzeit ist die immer mehr erstarkende FPÖ. Wie beobachten Sie in dieser Situation das, was in Niederösterreich passiert?
Die FPÖ ist als populistische Partei natürlich auch immer ein Krisengewinner. Sobald sie beweisen müsste, dass sie diese Krisen auch bewältigen kann, würde sie abstürzen. Niederösterreich wird sich hoffentlich nicht wiederholen, da die ÖVP wissen sollte, dass sie sich mit dieser Koalition nur selbst schaden wird.
Sie gelten als sehr kulturaffin. Zuletzt hat die Branche der Fall Teichtmeister beschäftigt. Wie haben Sie das aufgenommen?
Das war schon für alle ein Schock, weil er äußerlich so ein sympathischer Mensch ist. Und weil man diese Abgründe einfach nicht glauben kann. Die Frage ist, wie man mit einem Menschen umgeht, der diese krankhafte Neigung hat. Beruflich wird er wohl alle seine Chancen vertan haben und er kann nicht einmal auswandern, denn alle Informationen wandern mit. Früher konnte man woanders hingehen und neu anfangen. Das geht heute nicht mehr, das Internet ist schon dort.
Wie ist der Zeitplan für die Loebe-Nachfolge in Erl und welche Kriterien spielen eine Rolle?
Wir hoffen, dass wir die künstlerische Leitung von Erl spätestens im Sommer neu besetzt haben.
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