Mailath: Wiener Festwochen in New York

Ein Mann steht vor Gustav Klimts Gemälde „Adele Bloch-Bauer I“.
Stadtrat Mailath-Pokorny über eine Kulturoffensive, Restitution, die Burg und das Musical.

Vom Kindermuseum in Brooklyn bis zum Museum of Modern Art in Manhattan, von der Carnegie Hall bis zum Österreichischen Kulturforum – in New York steht in den kommenden Tagen und Wochen die Wiener Kultur im Mittelpunkt. "Vienna – City of Dreams" nennt sich diese spezielle Form von " Wiener Festwochen" in New York. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny im Interview.

KURIER: Sie haben das Wien-Festival in New York mit dem Wiener Opernball im Hotel Waldorf Astoria eröffnet, verleihen in New York Ehrenzeichen, unter anderem der Leiterin der Neuen Galerie, Renée Price. Dazwischen gibt es Treffen mit Vertretern jüdischer Gemeinden und ein Symposium über die Wiener Geschichte. Wie wichtig sind solche Initiativen?
Mailath-Pokorny:
Es ist die größte Kulturoffensive der Stadt Wien, die es in New York je gegeben hat und schon allein daher sehr wichtig. Der Ausgangspunkt war das 25-Jahr-Jubiläum der Gastspiele der Wiener Philharmoniker in der Carnegie Hall. Ich freue mich sehr, dass rundherum so viele schöne Module entstanden sind, die Wien als Stadt mit traditionsreicher Kultur, aber auch mit einem starken Hang zum Zeitgenössischen präsentieren.

Wie sehr geht es bei Ihren Begegnungen mit jüdischen Vertretern auch um ein neues Bild eines Landes, das in den USA lange Zeit vor allem mit seiner NS-Geschichte und der nur sehr passiven Aufarbeitung in Verbindung gebracht wurde?

Sehr stark. In Österreich gibt es nicht überall eine präzise Wahrnehmung davon, wie wir in Ländern wie etwa Frankreich oder den USA lange Zeit gesehen wurden. Dort gab es große Vorbehalte, was die Aufarbeitung unserer Geschichte betrifft. Deshalb bemühen wir uns in Wien besonders um eine aktive und bewusste Erinnerungskultur. Und Restitutionsfragen spielen eine wichtige Rolle. Da ist bereits sehr viel passiert. Wir wollen in New York wieder zeigen, dass eine neue Generation mit einer proaktiven Herangehensweise sich der unrühmlichen Nazi-Vergangenheit des Landes stellt.

Aber beim Thema Restitution gibt es immer noch viele ungelöste Kapitel, zuletzt den "Beethovenfries" in der Secession.

Zum "Beethovenfries" muss man sagen: Nicht alles, was als Restitutionsfall proklamiert wird, ist auch ein solcher. Es gibt sicher noch offene Fragen, etwa beim Leopold Museum. Ich bin jedenfalls der Überzeugung: Großzügigkeit ist grundsätzlich besser als Feilschen.

Es heißt immer: Wien ist eine Kulturhauptstadt. Können Sie das mit Zahlen belegen?

Natürlich. 98 Prozent der Wiener sind mit dem kulturellen Angebot sehr zufrieden – eine solche Zustimmung gibt es in keinem anderen Bereich. Die Kulturinstitutionen der Stadt erreichen etwa 20 Millionen Besucher pro Jahr, davon sieben Millionen die Museen, sieben Millionen die Kinos und 3,5 Millionen die Theater. Zum Vergleich: Etwa 500.000 gehen pro Jahr ins Fußballstadion. Jeden Tag gibt es in Wien 70.000 Plätze in Theatern und Konzerteinrichtungen. Das entspricht eineinhalb Mal einem vollen Praterstadion. Die Kultur ist also längst nicht mehr etwas für die Eliten und der Sport für die Massen. Mittlerweile ist das fast umgekehrt. Und auch eine Legitimation für eine ausreichende Finanzierung.

Die offenbar immer schwieriger wird, siehe Burgtheater.

Ich habe damals das Gesetz zur Ausgliederung der Bundestheater mitgestaltet und war auch Eigentümervertreter. Ich gehe mal davon aus, dass alles, was am Burgtheater geschehen ist, aus Liebe zum Theater und Enthusiasmus passiert ist. Jetzt muss alles auf den Tisch gelegt werden. Aber man muss das Problem auch in seiner Dimension belassen. Das sollte bewältigbar sein. Es hat schon einige Male Probleme gegeben, die innerhalb des Konzerns gelöst wurden.

Es gab den Vorschlag, Liegenschaften zu verkaufen ...

Wenn’s nicht anders geht, ist das besser, als am Programm zu kürzen. Aber ich gehe davon aus, dass das Haus, der Konzern und die Regierung das auch so lösen können.

Wie steht es finanziell um die Vereinigten Bühnen?

Da gab es zuletzt allerlei Vorschläge, von einer neuen Halle bis zur Ausgliederung des Theaters an der Wien. Ich halte nichts davon, jede Woche eine neue Idee zu diskutieren. Es wird gerade ein Zukunftskonzept erarbeitet und dann entschieden, wie es weitergeht. Ich wehre mich dagegen, die Vereinigten Bühnen schlechtzu machen. Im Opernbereich gibt es zwei sehr erfolgreiche Spielstätten (Theater an der Wien, Kammeroper, Anm.). Und beim Musical ist man bei der ursprünglichen Subventions-Planung davon ausgegangen, dass es immer zu 100 Prozent ausgelastet ist. Wenn die Besucherzahlen dann in einem solchen Ausmaß nachlassen, hat man ein Problem.

Wie geht es bei den Festwochen weiter? Steht schon fest, ob Schauspielchefin Frie Leysen das Festival tatsächlich nach einer Saison verlässt?

Das weiß ich nicht, aber es gibt Andeutungen in diese Richtung. Wir haben jedenfalls bei den Festwochen mit Markus Hinterhäuser einen sehr handlungsfähigen Intendanten bis inklusive 2016. Und wir werden die Intendanz für die Zeit ab 2017 noch heuer ausschreiben.

Für wie lange?

Für vier oder fünf Jahre.

Das heißt, das Modell mit maximal dreijähriger Intendanz ist schon wieder Geschichte?

Ja. Das war nach 20 Jahren Luc Bondy ideal und hat sich im Fall von Hinterhäuser als Glücksfall erwiesen. Aber für die Zukunft ist es wahrscheinlich impraktikabel. Vier bis fünf Jahre ist sinnvoller – dann sollte es aber im Regelfall keine Verlängerungen mehr geben.

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