"Mädchen* sein!?" in Linz: Die Schau aus Sicht einer Mutter und ihrer Töchter
Teens (in their rooms): Fotos von Anna Breit.
Im rosa Kleid. Sittsam. Leise. Nicht fordernd. Nicht auffällig. Verspielt. Weich. Wohlwollend. Hilfsbereit. Schön.
Zuschreibungen für Mädchen sind auch 2025 geprägt von Klischees, einzementierten Rollenbildern und einem riesigen Rucksack an historischer Entwicklung. Umso wichtiger ist die aktuelle Ausstellung „Mädchen*sein!? Vom Tafelbild zu Social Media“ im Linzer Lentos Kunstmuseum. Das Team rund um Kuratorin Brigitte Reutner-Doneus versucht, Etappen im Erwachsenwerden abzudecken.
Wand voller Teenager
„Es waren viele Brüste zu sehen“. Die erste Reaktion der Achtjährigen nach dem Ausstellungsbesuch bezieht sich auf das Offensichtliche. Sie braucht viele Erklärungen, und wenn die nicht kommen, sucht sie sich jene Objekte, die selbsterklärend sind. Anders ist es mit der 12-Jährigen. Sie ist beeindruckt von der Fotowand der Teenager in ihren Zimmern, es ist die Arbeit „Teens (in their rooms)“ der Künstlerin Anna Breit (Titelfoto): „Da waren viele verschiedene Typen an Mädchen zu sehen.“
Vor Augen geführt bekommen, was und wie Mädchen sein können und dürfen – das gelingt in dieser Ausstellung gut. Bewusst wird mit Gegensätzlichem gespielt: Zum Beispiel mit dem Bildnis „Trude Engel“ von Egon Schiele, das einen starken Kontrast zum Großformat des französischen Künstlerkollektivs Claire Fontaine darstellt. Was vor allem bei Kindern gut ankommt: der interaktive Part der Schau. Es gibt mehrere Videosequenzen und Toninstallationen. „Es war alles sehr abwechslungsreich“, sagt die 12-Jährige. Ein offener Raum lädt zum Lesen, Schreiben, Gedankenaustausch ein. Spannend, was Besucherinnen und Besucher hier deponieren: Gefühle wie Wut, Trauer, Lebensfreude und Angst. Sehr oft wird der Wunsch nach Selbstbestimmung und Geschlechtergerechtigkeit formuliert.
Als 43-Jährige wandere ich mit einem sentimentalen und hoffnungsvollen Blick durch die Schau. So vieles von dem, was vor 30 Jahren noch Tabu, schräg, nonkonform war, ist mittlerweile zur guten Norm geworden. Die Schubladen, in die Mädchen und Frauen passen sollen, gibt es nach wie vor, aber sie sind breiter geworden.
Schön ist auch, was Kunst dazu beitragen kann: Mit aktuellen, wertfreien Darstellungen von Mädchen. Mit Blickwinkeln, die das Bild nicht verkleinern, sondern es weiter machen. 150 Exponate spannen den Bogen von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft. Die Denkansätze bekommen hoffentlich nicht nur Mädchen und Frauen, sondern viele Buben und Männer zu sehen.
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