Sláva Daubnerová erweist mit ihrer äußerst kompakten Inszenierung von „Biedermann und die Brandstifter“ dem Filmemacher Ulrich Seidl die Reverenz: Dessen Doku „Im Keller“ (in dem unter anderem fünf Männer singend die NS-Zeit verherrlichen) habe sie, sagt die Regisseurin im Programmheft, zu dieser Idee inspiriert.
Sie hat das „Lehrstück ohne Lehre“ von Max Frisch genau gelesen: (Fast) jeder Regieeinfall hat seine Legitimation im Text. Und sie grenzt sich mit großer Mühe von den anderen Inszenierungen der letzten Zeit (in der Josefstadt und im Off-Theater) ab. Sie beginnt, wie Bert Brecht beginnen würde: Mit dem Ende.
Der Luster, der auf ein feudales Ambiente (und weniger, wie bei Frisch, auf eine Stube) hinweist, ist zu Boden gekracht, das Ehepaar Biedermann beteuert die Unschuld am Brand, der die Stadt vernichtet hat. Sie seien Opfer.
Cedric Mpaka hat die beiden wunderbar grotesk eingekleidet – in rosaroten Wollstoff: Bettina Kerl erinnert an Jacqueline Kennedy, Dietmar König an einen Faschingsprinzen. Sie wirken wie Puppen, nur zu beschränkter, fratzenartiger Mimik fähig. Und das Dienstmädchen Anna der Laura Laufenberg im Harlekin-Kostüm grinst unentwegt breit. Man meint, einem Kasperltheater für Erwachsene beizuwohnen – oder einer Zirkusvorstellung mit Dompteuren, in der die Villa der Biedermanns zum Raubtierkäfig wird (Bühne: Alex Gahr). Der Brandstifter Schmitz war ja Ringer gewesen. Über seinem Trikot trägt Nikolay Sidorenko einen Anzug in geschmackloser Leopardenfell-Optik.
Blondierte Punk-Göre
In ähnlich greller, fast verruchter Aufmachung erscheint dessen Komplizin Wilhelmine. Dass ihr schwarzes Minikleid ein Verweis auf den Frack des Kellners ist, geht eher unter. Caroline Baas hat auch sonst nicht viel von Eisenring übernommen: Sie ist eine blondierte Punk-Göre. Die Biedermanns fraternisieren dennoch mit Siegfried und Roy: Sie verwandeln sich chamäleonartig in Co-Brandstifter. Daubnerová hält den Holzhammer hoch.
Sonderbarerweise geht die größte Bedrohung von den Polizisten und Feuerwehrmännern in silbrigen Schutzanzügen aus (die gekürzten Chorpassagen kommen verzerrt aus dem Off). Und warum das Dienstmädchen zum Dr. phil. wird, erklärt sich nicht. Die Doktorin distanziert sich von Eisenring und Schmitz, die nicht aus Ideologie (wie sie), sondern nur „aus purer Lust“ Brände legen würden. Egal. Kuh hin, Kalb hin.
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