Kunstmarkt: Klimts afrikanischer Prinz quasi in Schutzhaft
Stolz präsentierten Wienerroither & Kohlbacher im März auf der TEFAF in Maastricht ein Porträt von Gustav Klimt, das jahrzehntelang verschollen gewesen war. Sie boten das kleine Gemälde mit dem Nachlass-Stempel für ebenso stolze 15 Millionen Euro an. Doch die Freude über die „kunsthistorische Sensation“ währte nur kurz. Denn das Bild hatte sich in Ungarn befunden und soll, wie "der Standard" berichtete, "mutmaßlich geschmuggelt worden“ sein.
Die Behörden in Budapest nahmen Ermittlungen auf, und der Verdacht dürfte sich erhärtet haben: Die Staatsanwaltschaft Wien hat nach einem Ansuchen der ungarischen Kollegen die Sicherstellung des Bildes angeordnet. Dies berichtete der ORF in der "ZiB2". Das Porträt darf von der Galerie nicht veräußert werden.
Alfred Weidinger, Chef des OÖ Landesmuseums, hatte sich 2015 – damals als Vizedirektor des Belvederes – auf die Suche nach dem Bild gemacht, der KURIER berichtete. Kurz zusammengefasst: 1897 gastierten Stammesmitglieder der Osu aus dem Gebiet von Ghana unter dem Titel „Die Goldküste und ihre Bewohner: Aschanti“ im Tiergarten am Schüttel in Wien.
Wie schon im Jahr davor erregten sie Aufsehen; Stammesoberhaupt William Nii Nortey Dowuona wurde sowohl von Gustav Klimt als auch von Franz Matsch porträtiert – in ein und derselben Sitzung. Das Bild von Matsch ging unter dem Titel „Nubier mit Umhangtuch“ in die Kunstgeschichte ein, jenes von Klimt wurde 1923 als Los 53 beim Auktionshaus S. Kende angeboten – und von Ernestine Klein ersteigert.
Sie und ihr Mann Felix mussten 1938 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft aus Wien fliehen. Sie überlebten nach einer Odyssee durch halb Europa in Monaco. In deren Auftrag wurde das Bild vom ungarischen Anwalt Fodor Vest aus der „bereits beschlagnahmten Villa“ in Hietzing nach Budapest „überführt“ und treuhändisch verwahrt. Nach dem Zweiten Weltkrieg forderte der Anwalt eine Abgeltung angefallener Spesen und verweigerte jedoch die Herausgabe. 1963 scheiterten die Verhandlungen endgültig. Das Bild blieb im Besitz der Familie Vest.
Im Frühjahr 2023 wurde ein ungarischer Staatsbürger wegen des Bildes bei Wienerroither & Kohlbacher vorstellig. Da diese Interesse zeigten, erwarb er das Gemälde und suchte um Ausfuhr an. Der Antrag wurde am 21. Juli 2023 bewilligt. Aber es war für vier Werke angesucht worden: drei dürften wohl unbedeutend gewesen sein, beim vierten blieb der Vermerk „Gustav Klimt Nachlass“ im Onlineantrag unerwähnt. Ob dieser auf dem hochgeladenen Foto von den Behörden übersehen wurde oder „aufgrund der geringen Auflösung“ nicht erkennbar war, sei, so der "Standard", nicht bekannt.
Kommentare