Wellen, Licht und Materie: Last-Minute-Tipps für Kunst-Ausstellungen

"Die große Welle" in der MAK Ausstellung "WATER PRESSURE" ­ weltberühmtes Werk nochmals zwei Wochen lang zu sehen
Eine Auswahl von Präsentationen in Wien und Umgebung, die nur noch kurz zu sehen sind und die es zu besuchen lohnt.

Sie war ein obsessiver Fan, und ihre Briefe triefen vor einer Hingabe und Bewunderung, die aus heutiger Sicht schwer nachzuvollziehen ist. Der Adressat der Schreiben, die die Uruguayerin Magalí Herrera (1914–1992) zwischen 1967 und 1974 verfasste, war der französische Maler Jean Dubuffet. Während eines Paris-Aufenthalts hatte Herrera dessen Werke kennengelernt und fand sich in ihrer eigenen Kunst plötzlich verstanden: Denn Dubuffet glaubte an die urtümliche Kreativität, die ohne Ausbildung und Anleitung entstand – und er prägte den Begriff „Art Brut“, rohe Kunst, dafür.

46-215045419

Im Museum Gugging ist noch bis zum 31. 8. die Schau „Herrera-Dubuffet“ zu sehen, für die das heimische Kompetenzzentrum für Art Brut mit dem Zentrum in Lausanne kooperierte, das Dubuffets Erbe – und seine Sammlung- – bewahrt. Herreras kleinteilige, obsessive Zeichnungen, die oft an Galaxien oder auch mikroskopische Ansichten erinnern, sind zweifellos reizvolle und eigenständige Schöpfungen, wenngleich sie rätselhaft bleiben: „Bei mir zu Hause haben vier Parapsychologen das Phänomen meiner Malerei untersucht und sind zu dem Schluss gelangt, dass ich ein echter Fall von Parapsychologie bin“, schrieb die Künstlerin an Dubuffet.

46-215045418

Sternennebel

Mit Erlebnissen an den Grenzen der Wahrnehmung beschäftigt sich auch der gebürtige Kanadier Jeremy Shaw, dessen Soloschau ebenfalls nur noch bis 31. 8. im Souterrain der Wiener Secession zu sehen ist. Für die Präsentation schuf Shaw etwa ein hinterleuchtetes Fenster, dessen Muster die Illusion einer endlosen Raumflucht ergibt – und auf ein Kirchenfenster, aber auch auf Computerspiele verweist. Das Tor zur Ewigkeit ist gleichwohl grob in eine Gipskartonwand eingelassen. 

46-217981869

Einen Raum weiter steht ein weiteres Kirchen-Utensil: Ein Tisch voller (elektrischer) Opferkerzen, die so verschaltet sind, dass sie als bewegtes hypnotisches Muster pulsieren. Erleuchtung und Spiritualität rückt so in die Nähe des Trashigen und Billigen – und das Publikum ist selbst gefordert, zwischen Blendung und Einsicht zu differenzieren.

Drehwurm

Unweit davon, in der Albertina Modern, treibt der Starkünstler Damien Hirst sein nicht ganz wesensfremdes Spiel mit Kunstanspruch und Banalität – etwa mit einer Rotationsmaschine, an der Besucherinnen und Besucher selbst „Originale“ erschaffen können. 

Während die sehenswerte Schau „Damien Hirst – Drawings“ im Souterrain noch bis 8. 10. läuft, muss man sich beeilen, um die Präsentation „Remix“ zu sehen: Als Startschuss einer Kooperation der Albertina mit der Sammlung Viehof sieht man hier Sammlerlieblinge wie Georg Baselitz aber auch Pointiertes von Sigmar Polke oder Albert Oehlen.

Wasserstrudel

Sachlicher geht es im MAK zu, wo die Ausstellung „Water Pressure“ noch bis 7. 9. zum Besuch einlädt. Sie ist das rare Beispiel einer Schau, in der bildende Kunst und aktuelle Information nebeneinander stehen kann, ohne einander plump zu illustrieren oder sich das Wasser abzugraben: Kunstwerke wie Hokusais „Große Welle“ lohnen hier die Auseinandersetzung genauso wie Poster-Präsentationen zu Wasserknappheit oder dem Schwammstadt-Prinzip.

Kommentare