Obwohl. Bitte, das Clubklassentreffen hat erst um 21.30 Uhr angefangen. Angekündigt war es mit 21 Uhr, das war irgendwie eine vernünftige Perspektive, zwei Stunden, dann ist es erst 11, das Finale kann man sich ja vorstellen. Im Foyer schluckte manch einer aber schon länger vor dem Beginn das erste Gähnen heimlich mit dem Weißen Spritzer runter. Man hat mit K&D die Jugend verbracht, Betonung auf hat, und die Jugend hat sich inzwischen in die Verpflichtungen des Lebens ganz schon aufgelöst.
So taxameterten die Babysitter-Kosten vor sich hin, bevor man überhaupt in den Großen Saal hineinlaufen konnte. Ja, laufen. Als sich die Türen öffneten, eilten die Gekommenen vor zur Bühne, wie bei einem richtigen Rockkonzert, dort standen sie dann rum. Ihr Redakteur wiederum eilte, froh, auf einen Sitzplatz. Dort kann man sich kurz daran erinnern, wie man einst Nächte durchgemacht hat, schön, nicht?
Gegenüber gestikuliert eine Konzertbesucherin über den Saal hinweg mit jemand anderem: Amüsiertes Tippen auf die Armbanduhr (21.15), Kopf in die Hände legen, ja, normalerweise schlafen wir auch schon um die Zeit. Wieviele Stunden noch, bis die Kinder aufstehen?
Starten, wenn das Klassikpublikum nach Hause geht
Bei einem Klassikabend wäre jetzt bereits das Symphonien-Finale im Blickfeld, als Peter Kruder und Richard Dorfmeister auf die Bühne kommen. Und mit ihnen dann die Euphorie. Es klingt super! Es schaut super aus! E... E... E... So viele "E"s, an irgendwas erinnert das. Ah, ja! Deswegen war Durchmachen damals für viele so leicht. Jetzt steht "E" im eigenen Leben der Generation Downbeat längst nicht mehr für die Durchhaltepillen (hat wer "Eheprobleme" gesagt? Oder "Eigenheimkredit"?). Wie unpraktisch. So müde wie jetzt war man damals nie.
Aber im sesselfreien Parkett tanzen Menschen, man selbst hat leider vergessen, die Tanzmoves von damals aus der Schublade mitzunehmen, die sind direkt hinter dem Kummerbund und den Manschettenknöpfen liegengeblieben, kann man nichts machen. Kruder klatscht anfeuernd, Dorfmeister ist entspannt, man kann ja im Sitzen mit dem Knie wippen, auf der Leinwand dahinter kreisen die Kreise, wabbern die Blasen, fliegen die Formen. So Instagram-tauglich ist Downbeat 2019, kurz mal Likes checken, läuft.
Nostalgie ist ein Gedächtnisproblem
Okay. Und jetzt weiter zuhören. Der Wiener Sound, das war damals so etwas wie der lässige Pomali-Gegenentwurf zum Techno-Gestampfe, ein bisserl gedehnter, ein bisserl verwischter. Der mitgebrachten Erwartung entspannter Sounds stellt sich im Konzerthaus immer wieder ein ufz, ufz, ufz, ufz, ein Knacken und Wollen entgegen. Auch gut, Nostalgie ist ja eh immer nur ein Gedächtnisproblem.
Langsam dann mischt sich ein "Uff, uff, uff"-Gefühl ins ufz, ufz, ufz hinein. Uff, wieviele Stunden jetzt noch, bis die Kinder aufstehen? Uff, hast du den Parkschein verklängert? Uff, wie lang dauert das nochmal gleich hier?
Komm, ein bisschen noch. Es war ja auch wirklich gut. Knackige Drums, suchende Bässe, Drops mit Anspruch. Man konnte kurz rauslaufen, was trinken, wie damals im Club, man konnte wieder reinlaufen, weiterzuhören. Später wird aus dem "konnte" ein "könnte", und dann ein "hätte können". Nicht vergessen, den Kindern erzählen, wie toll es war.
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