Wolfgang Niedecken, auf Kölsch unterwegs zu Bob Dylan

Wolfgang Niedecken, auf Kölsch unterwegs zu Bob Dylan
Der Frontmann der legendären Rockband BAP spielte sein Programm "Dylanreise" im Wiener Konzerthaus
Schon der Beginn zeigt, wie der Abend laufen wird: Als Wolfgang Niedecken, Frontmann der legendären Kölner Rockband BAP, im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses auf die Bühne kommt, um sein „Dylanreise“-Programm zu spielen, beginnt er nicht etwa mit einem Hit von Bob Dylan. Schon gar nicht mit einem von BAP.
Er erzählt erst einmal: Dass das Programm zustande kam, als er während der Pandemie sein Buch über Bob Dylan schrieb. Das wiederum basiert auf einer Reise, die er – eingeladen von Österreichs Videofilmer Hannes Rossacher – für eine Doku für Arte unternahm, bei der er auf den Spuren von Dylan in den USA unterwegs war, Fotografen Freunde und Musiker traf, die Dylan während seiner Karriere begleitet haben.
Erst dann startet Niedecken den ersten Song: „Just Like Tom Thumb’s Blues“, ein Dylan-Song aus dem Jahr 1965 von dessen „Highway 61 Revisited“-Album. Niedecken, ein Dylan-Fan und Fachmann, der immer wieder Songs des legendären Amerikaners in seine Kölner Dialektsprache übersetzt hat, singt diesen Opener ganz auf Englisch. Schnell wird klar: Niedeckens nasale Stimme, seine Art, die Texte mehr zu erzählen als zu singen, passt perfekt zu Dylans Werk und Stil.

Von Herzen kommend, durch die Nase gesungen

Auch sein Begleiter, Pianist Mike Herting, glänzt gleich mit einer kurzen Blues-Improvisation. Er wird sich im Laufe der fast dreistündigen Show (inklusive 20-minütiger Pause) als versierter Tastenmann präsentieren, der es drauf hat, den Songs auch einen Anstrich von Klassik oder Jazz, Folk oder Boogie zu geben, und so Abwechslung in die Musik bringt.
Denn Niedecken konzentriert sich beim „Dylanreise“-Programm auf das Spielen einer unauffälligen, akustischen Rhythmus-Gitarre und das Singen, vor allem aber das Sprechen. Vor jedem Song liest er aus dem Buch, über Erlebnisse auf der Doku-Reise, aber auch über seinen Begegnungen mit Dylan, oder darüber, wie der amerikanische Großmeister ihn, seine Karriere und seine Songs beeinflusst hat.

Es gibt viel zu erzählen

Das schildert er häufig humorvoll, aber zuweilen auch etwas langatmig und umständlich – zumal Niedecken dabei genauso nuschelt wie beim Singen und nicht leicht zu verstehen ist. Gefühlt sind 2/3 der Show Erzählung und nur 1/3 Musik.
Aber die macht Spaß: Niedecken wechselt zwischen dem Originaltext von Dylan und seinem Kölsch-Text. „Leopard-Skin Pill-Box Hat“ wird – ganz in Kölsch – zu „Leopardefellhoot“, „Forever Young“ zu „Für immer Jung“, einem der Höhepunkt des Sets. „The Times They Are A-Changing“ hört man ganz auf Englisch und „Like A Rolling Stone“, singt er halb auf Kölsch, halb auf Englisch. Der 73-Jährige bringt aber auch einige wenige BAP-Songs ein, „Schluss, aus, okay“ zum Beispiel, oder zum Finale „Songs sind Dräume“.
Wolfgang Niedecken, auf Kölsch unterwegs zu Bob Dylan
Auf den größten Hit der Band, auf „Verdamp lang her“, warten die zahlreichen im Konzerthaus anwesenden BAP-Fans (darunter Schauspieler Lars Eidinger) vergeblich. Aber es ist ohnehin fraglich, ob dieser stramme Rocksong im akustischen Gewand funktioniert hätte. Und in das Programm von „Dylanreise“ hätte er definitiv nicht gepasst.
Insgesamt war die Show ein unterhaltsamer Abend, der in eine Vergangenheit entführte, die aber wegen der stellenweise fehlenden Dynamik doch sehr weit entfernt und unwiederbringlich vorbei erschien.

Kommentare