Kritik: So ist "Der Garderober" in den Kammerspielen

Kritik: So ist "Der Garderober" in den Kammerspielen
Michael König und Martin Zauner brillieren in der Tragikomödie über das Wesen des Theaters.

Es gibt sie. Diese Stücke, bei denen man (scheinbar) gar nichts falsch machen kann, die perfekt in jeden Spielplan passen, wenn man die entsprechenden Schauspieler dafür hat. Und ja, die Kammerspiele der Josefstadt haben mit Michael König und Martin Zauner genau die richtigen Darsteller für Ronald Harwoods (auch erfolgreich verfilmten) Klassiker „Der Garderober“.

Denn König und Zauner sind es, die diese wunderbare Tragikomödie, dieses bittersüße Hohelied auf das Theater und seine Menschen, mit Leben erfüllen und grandios mit der Balance zwischen Witz und Wahnsinn, Kunst und Kitsch, Komik und Tragik spielen. Herrliche Pointen und Momente echter Rührung inklusive.

Worum geht es? Im England der 40er-Jahre tourt eine mehr oder minder erfolgreiche Shakespeare-Compagnie durch die Provinz. Zwischen deutschen Luftangriffen und diversen Eitelkeiten spielt man alles, was von Shakespeare gut und teuer ist.

King Lear

Etwa den „King Lear“, der selbstverständlich vom Prinzipal, den alle nur „Sir“ nennen, verkörpert wird. Doch die 227. Vorstellung steht unter keinem guten Stern. Draußen gibt es immer wieder Fliegeralarm, und der „Sir“ ist merklich krank. Welcher Text? Welches Stück?

Und so liegt es an Norman, dem ewigen Garderober, die Vorstellung und den „Sir“ zu retten. Autor Harwood hat hier auch persönliche Erlebnisse – er war selbst fünf Jahre als Garderober für den britischen Schauspieler Sir Donald Wolfit tätig – einfließen lassen. Mit dem „Sir“ aber geht es zu Ende …

Regisseur Cesare Lievi hat all das im (Theater-)Bühnenbild von Maurizio Balò (Kostüme: Birgit Hutter) solide in Szene gesetzt; vor allem im ersten Teil könnte man noch am Tempo feilen. Auch einige Striche wären denkbar.

Aber: Was Michael König als todkranker, eitler, dann wieder kindisch verzweifelter „Sir“ und Martin Zauner als diesem (und dem Theater) grenzenlos ergebener, stets etwas alkoholisierter Norman leisten, ist großartig. Da spielen sich zwei Vollblutschauspieler die Bälle höchst virtuos zu.

Doch hinter jedem (von Cesare Lievi mitunter zu brav servierten) Gag lauert die sprichwörtliche Träne im Knopfloch. Die finale, reale Sterbeszene des „Sir“ war laut Norman nicht nur „zu kurz“, sie bedeutet auch den endgültigen Verlust aller künstlerischer wie auch emotionaler Ideale.

Dank König und Zauner werden diese Schicksale erfahrbar; ihre Mitstreiter sind stückgemäß nicht so ausführlich gezeichnet. Doch Martina Stilp als des Prinzipals Frau, die von allen mit „Milady“ angesprochen wird, kreiert einen starken Charakter.

Wie auch Elfriede Schüsseleder als vertrocknetes Mauerblümchen Madge oder Alexander Strobele als Kleindarsteller (der Narr!) mit Hang zu Höherem. Swintha Gersthofer als williges #metoo-Opfer Irene und Wojo van Brouwer assistieren souverän. Fazit: Dieser „Garderober“ dürfte sein Publikum wohl finden.

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