Vorweihnachtlicher Opernzauber in München mit Rimski-Korsakow

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Die „Die Nacht vor Weihnachten“ in der Inszenierung von Barrie Kosky wird an der Bayerischen Staatsoper zum Erfolg.

Von Helmut Christian Mayer 

Schon vor Beginn ist die Bühne voll mit Menschen. Es sind Dorfbewohner, die eine mehrstöckige Zirkusmanege bevölkern. Jubel schwillt an, als der Dirigent erscheint, dieser steigert sich noch mehr, als der Teufel persönlich auftritt – als Zirkusdirektor. Seine Hörner sieht man nur, wenn er den Zylinder lüftet. Die glitzernden Schuhe der Zarin werden im Chor schon herumgereicht. Der Schnee rieselt aufwärts und man ist sofort mitten im Dorfleben, wo viel gefeiert wird.

Bei der „Nacht vor Weihnachten“ von Nikolai Rimski-Korsakow, diese Opernrarität wird derzeit an der Bayerischen Staatsoper in München gezeigt, wird von Dorfleuten, einer Hexe, einem Teufel, einer Zarin und einem Liebespaar erzählt. Sie will ihn allerdings nur heiraten, wenn er ihr die Schuhe der Zarin beschafft, was mit Hilfe des Teufels schließlich gelingt. Das Werk nach Gogol ist eine Mischung aus russisch-ukrainischen Märchen, es verquickt christliche mit heidnischen Themen und hat ein Happy End.

Wimmelbild

Wenn man Barrie Kosky engagiert – er inszeniert zum siebenten Mal am Haus – bekommt: Eine schillernde Revue, die nach der Pause noch mehr Fahrt aufnimmt und zum Wimmelbild wird, mit schrägen Kostümen (Klaus Bruns), einem ebensolchen Bühnenbild (Klaus Grünberg), permanente Bewegung – nur selten ein bisschen zu effekthascherisch und verblödelt – und hinreißenden Tanz (Choreographie: Otto Pichler). Wobei die Ballettnummern ungemein fantasievoll sind und erstaunlich akrobatische Aktionen vollführt werden.

„Das Märchen ist gedichtet, das Lied ist eine wahre Geschichte“, schrieb Rimski-Korsakow im Vorwort zur Oper, die nichts mit dem Christkind, sondern mit der Wintersonnenwende zu tun hat. Deswegen griff er auf Volkslieder zurück, mit denen heidnische Geister, die Geburt Christi und die Liebe besungen werden. All dies wird von Vladimir Jurowski und dem Bayerischen Staatsorchester ungemein farbenreich, klangvoll und strahlend musiziert. Wunderbar wogende folkloristische, tänzerisch rhythmische Klänge mit fast magischen instrumentalen Zwischenspielen sind zu vernehmen.

Hervorragendes Ensemble

Exzellent ist auch die Ensembleleistung: Allen voran singt Elena Tsallagova eine sehr präsente Oksana mit ungefährdeten Spitzentönen und flexiblem, innigem Sopran mit dramatischem Potenzial. Ihr Liebhaber Sergey Skorokhodov singt einen beherzten Wakula mit idealem, in der Höhe etwas ausgedünntem Tenor. Sergei Leiferkus ist als Dorfvorsteher prächtig bei Stimme. Auch Dmitry Ulyanov hört man als wuchtigen Tschub, Oksanas Vater. Ekaterina Semenchuk singt die „Dorfhexe“ Solocha saftig. Tansel Akzeybek ist ein meist tänzelnder Mephisto mit hellem Tenor. 

Zum Finale schwebt die legendäre Violeta Urmana mit Doppeladler, Martiniglas und Zigarette vom Schnürboden herab und beherrscht als kraftvoll singende Zarin die Szene. Staatsopernwürdig sind ebenso die kleineren Rollen (Vsevolod Grivnov als Diakon, Milan Siljanov als Panas). Auch der viel beschäftigte Chor singt und spielt hochmotiviert. Großer Jubel!

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