Cat Power und Beethoven
Den Beginn macht „AEREA“ zu „Wild is the Wind“ nach Cat Power und „Rewriting Beethoven’s Seventh Symphony“ von Michael Gordon. Zwar gilt Beethovens Siebente Sinfonie als besonders tänzerisch und wurde schon vielfach getanzt, aber in Verbindung mit dem zeitgenössischen Tanzvokabular Alessandra Cortis passt diese herausfordernde Auseinandersetzung Gordons mit Beethoven viel besser.
Wie Schatten treten die Tänzerinnen und Tänzer aus dem Bühnennebel, entwickeln in individuellen wie originellen Kostümen Lucia Vonrheins lebendige Bilder, aus denen sich einzelne für kurze Soli lösen. Diese Ausbrüche aus einer konventionelleren Tanzsprache stehen für das Revolutionäre bei Beethovens Kompositionen, fallen wie Bruchstücke auseinander. Sowohl der mit signifikanten Gesten durchzogene Tanz als auch die Musik folgen einem rätselhaften fragmentarischen Muster, wobei die Komposition einen einprägsamen Klangraum erzeugt. Am Beginn und Ende schließt Tainá Ferreira Luiz als Tänzerin wie auch als begabte Sängerin einen Kreis.
„High“ von Louis Stiens entstand zu einem Auftragswerk für die Komponistin Lisa Streich. Stiens folgt mit seiner Choreografie dieser fein strukturierten Musik, setzt klare Akzente. Im Zentrum der Ausstattung Bettina Katja Langes hängt ein großer Kranz. Ein Signal für Abschied, ein Denkmal für einen verstorbenen Menschen? „High“ ist jenes Stück im „Kreationen“-Abend, das auf einen Inhalt setzt, auch wenn keine stringente Geschichte erzählt wird. Videosequenzen zeigen, was passiert, wenn der Körper mit Rauschmitteln gleichsam außer sich gesetzt wird, in Folge nicht mehr kontrolliert werden kann.
Die Tänzerinnen und Tänzer sind in Overalls gehüllt, tragen auffallende Schnürschuhe, die gelegentlich auf den Boden knallen. Für kurze Momente ist auch eine Spielzeugwaffe im Bild. Eindringlich gestalten Rebecca Horner und Yuko Kato expressive Soli. Letztere wird, wie viele Tänzerinnen und Tänzer des Wiener Staatsballetts, Wien mit Ende dieser Spielzeit verlassen.
Aus der Musik geboren
Ganz anders setzt „M to M“ von Martin Chaix auf Lebenslust, Freude und klassisches Vokabular samt Spitzenschuh. Ganz aus der Musik, Max Bruchs Violinkonzert Nr. 1 in g-Moll mit dem Solisten Benjamin Herzl, entsteht eine facettenreiche Studie über verschiedene Formen und Zustände von und in Pas de deux, getanzte Zweierbeziehungen in formvollendeter Technik und doch nicht bloß abstrakt. Liebe, Träume, Erinnerungen und Verluste fließen ein, zeitliche Ebenen können im Tanz durchdrungen werden. Wenn „M to M“ von Martin Chaix an Martin Schläpfer gerichtet ist, dann steht dieses Stück für ein gutes Ende der Direktionszeit Schläpfers.
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