Kommen Sie! Warum man wieder ins Theater sollte

Kommen Sie! Warum man wieder ins Theater sollte
Über das Bedürfnis nach magischen Begegnungen: Ein Gastkommentar der designierten Volksopern-Direktorin Lotte de Beer.

Als im März 2020 der Lockdown begann, wurde uns erst bewusst, was für ein unglaubliches Privileg es ist, als Gemeinschaft in Theatern zusammen zu kommen und Erlebnisse und Gefühle zu teilen. Wir dachten zunächst, wenn diese Phase der Isolation erst vorüber wäre, würden wir rasch wieder zusammenfinden, lebenshungrig alles Versäumte nachholen und gemeinsam Live-Vorstellungen „binge watchen“. Wir waren überzeugt, dass wir bald den Bildschirm abdrehen würden, um das Echte, Authentische, Spontane zu genießen.

Als ich diesen Sommer endlich wieder an einer Live-Inszenierung arbeiten durfte, empfand ich eine unglaubliche Erleichterung und Freude: Wir waren alle wie verzaubert oder sogar verliebt in die Kunst und in den gemeinsamen kreativen Prozess. Es fühlte sich an wie ein großes, erleichtertes Aufatmen – selbst mit Masken im Gesicht!

Unmittelbar

Ich hatte im Lockdown Inszenierungen mit Sicherheitsabstand gemacht, und nun war da endlich wieder der unmittelbare Klang des Orchesters und Körper, die sich berühren, sich „küssen“ und miteinander spielen durften. Als dann das Publikum in die Vorstellungen kam – was für ein elektrisierendes Gefühl: eine Menge an Menschen, die ihre Herzschläge über die gleichen musikalische Rhythmen synchronisieren: ein Wunder!

Kommen Sie! Warum man wieder ins Theater sollte

Doch nun scheint dieser Zauber des Sommers vorüber zu sein. Überall auf der Welt, ja sogar in Österreich, dem Land, in dem Kunst einen höheren Stellenwert hat als irgendwo sonst, bleiben viele Sitzplätze leer. Warum ist das so? Liegt es an den Masken? Ist es die Angst? Haben nicht die Salzburger Festspiele gezeigt, dass Theater sichere Orte sind, und haben die Bühnen nicht hervorragende Präventionskonzepte ausgearbeitet? Ist es die Möglichkeit eines neuen Lockdowns und die Sorge, dass die Vorstellungen wieder nicht stattfinden können? Oder sind wir in einem Zustand der komfortablen Passivität erstarrt? Eingenickt und sediert von der Technik? Ist es so bequem geworden, unsere Zoom-Sessions im Pyjama von der Couch aus abzuhalten und in der Pause Netflix zu schauen?

Mich erinnert das frappant an den Lieblingsfilm meiner Tochter, „Wall-e“, in dem die Menschen zu hilflosen Konsumenten verkommen, die vor ihre Bildschirme gerollt werden.

Lassen Sie uns nicht diese Richtung einschlagen. Lassen Sie uns ins Theater gehen, lassen Sie uns unsere Emotionen wieder trainieren, genießen wir wahrhaftige Begegnungen. Weinen wir uns die Augen aus, lachen wir gemeinsam (auch hinter den Masken) und klatschen wir, bis uns die Hände wehtun. Erinnern wir uns daran, was das Leben so lebenswert macht: Zusammen tanzen und singen und lachen und weinen! Ich habe das große Privileg, ein Programm voller verzaubernder Begegnungen für Sie und die Volksoper zu planen. Aber Theater existiert nicht ohne sein Publikum. Also bitte, kaufen Sie Ihre Karten, kommen Sie und halten sie die Magie des Theaters am Leben!

Lotte de Beer leitet ab 2022 die Volksoper

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