Ein kerngesunder, um seine Frau trauernder 78-jähriger Mann möchte sterben, weil er Angst vor Siechtum und Hilflosigkeit hat, und will, dass ihm sein Arzt ein letales Medikament verschafft. Vor einer Ethikkommission wird jetzt darüber verhandelt, ob dieser Wunsch nach Beihilfe zum Suizid rechtmäßig ist.
Das ist die Ausgangssituation des Stückes „Gott“ von Ferdinand von Schirach, das 2020 uraufgeführt und dann fürs Fernsehen verfilmt wurde, und das jetzt in den Wiener Kammerspielen Premiere hatte.
„Gott“ ist das zweite „Verhandlungsstück“ von Schirachs, nach „Terror“ – darin ging es um die Frage, ob man ein entführtes Flugzeug im Extremfall abschießen dürfe. Am Ende der Aufführungen stimmt das Publikum ab, und ja, man kann sich durchaus fragen, ob dieser Zugang nicht auch problematisch und reichlich spekulativ ist.
Bei der Premiere am Donnerstag folgten übrigens zwei Drittel der Besucher – man warf vorher ausgeteilte Münzen in Ja- oder Nein-Boxen – dem Wunsch des Lebensmüden.
Von Schirach handelt die hoch aktuellen, vermutlich nie eindeutig zu klärenden Themen nach Sterbehilfe und assistiertem Suizid wie eine Gerichtsverhandlung ab. Nacheinander kommen Vertreter des Staates, der Medizin und der Kirche zu Wort und werden vom Anwalt des lebensmüden Mannes und des Vorsitzenden des Ethikrates ins Kreuzverhör genommen. Raphael von Bargen spielt den Anwalt mit Feuer und tiefschwarzem Witz und rettet damit diese Aufführung vor der totalen Ödnis.
Leblos
Denn Julian Pölsler inszeniert das nur mit Männern besetzte Stück, als wäre es ein Referate-Wettbewerb an einer Schule, ernsthaft, behäbig und seltsam leblos.
Robert Meyer hat immerhin starke Momente als mit seinem Gewissen ringender Bischof, Herbert Föttinger gefällt als Einspringer in der zentralen Rolle. Vom Premierenpublikum gab es freundlichen Applaus.
Menschen mit Depressionen oder Suizidgedanken finden unter der Webadresse suizidpraevention.gv.at oder bei der Telefonseelsorge unter der Rufnummer 142 Hilfe und Beratung.
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