Cannes: Kalter Krieg und Leningrader Punk-Rock im Wettbewerb

Joanna Kulig in "Cold War“ von Pawel Pawlikowski
Charismatisches in Cannes: Russischer Regisseur Kirill Sebrennikov und polnischer Oscapreisträger Pawel Pawlowski.

Schwarz-weiß ist die Farbe der Stunde in Cannes: Sowohl der russische Bühnen- und Filmregisseur Kirill Serebrennikov, als auch der polnische Oscarpreisträger Pawel Pawlikowski („Ida“) schwelgten in charismatischen Hell-Dunkel-Bildern – und lieferten augenschöne Wettbewerbseiträge auf hohem Niveau.

Pawlikowskis aufgeladenes Liebesdrama „Cold War“ beginnt im zerrütteten Polen der Nachkriegszeit und zieht sich zwischen den Ost-Westfronten bis in die 60er Jahre.

Ein junger Komponist leitet einen Folkore-Chor mit Volkstanz und verliebt sich dort in eine der Sängerinnen. Bei einem Auftritt in Ost-Berlin flieht er in den Westen, lässt aber seine Geliebte zurück. Über die Jahre treffen die beiden immer wieder aufeinander – vor allem in den Jazzclubs von Paris – leiden aber im gemeinsamen Exil an ihrem Heimweh nach Polen.

Pawlikowski erzählt die Lebensbefindlichkeiten seiner Figuren eindrucksstark mit engem Bezug zu zeitgenössischen musikalischen Strömungen – von den ländlichen Gesangschören bis hin zum rauchigen Chanson. Dabei kann er sich aber der Klischees aus dem Pariser Bohemien-Leben nicht ganz erwehren, zumal die polierten Bilder seiner fatalen Liebesgeschichte manchmal gar zu schmuck glänzen.

Kino

Auch Kirill Serebrennikov widmet sich der Musik; allerdings der Leningrader Rock- und Punkszene Anfang der 80er Jahre. „Leto“ erzählt leichtfüßig die Gründung der russischen Rockband „Kino“ als lose Dreiecksbeziehung eines „Summer of Love“. Dabei beschwört er einen historischen Zeitpunkt, in dem von kommerzieller Verwertbarkeit von Rockmusik noch nicht die Rede war und die Songs in den Wohnzimmern entstanden. Serebrennikov steht in Russland übrigens unter Hausarrest. A. Seibel

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