Justin Timberlake in Wien: Professionell, aber wenig beeindruckend

Estereo Picnic Festival 2025 - Day 2
Der 44-jährige Amerikaner zeigte im Ernst-Happel-Stadion seine "Forget Tomorrow"-Show

30.000 sind nach Veranstalterangaben heute im Wiener Ernst-Happel-Stadion. Zwei Tage nach Robbie Williams ist die Bühne für Justin Timberlake aufgebaut. Im Vergleich zu den Massen, die sich bei dem Briten in die Sportstätte im Prater drängten, sieht die heute fast schon traurig leer aus. Der dritte Rang ist gar nicht offen, am zweiten sind alle Sektoren gegenüber der Bühne geschlossen und nur die an den Seiten besetzt. Und sogar der erste Rang ist nicht voll.

Seit Veröffentlichung seines jüngsten Albums „Everything I Thought It Was“ kämpft der Amerikaner, der sich viele Jahre auf die Schauspielerei konzentriert hat, damit, als Musiker wieder an seine Glanzzeit anschließen zu können.

Aber gut, im Happel-Stadion gibt es erstmal einiges, was positiv auffällt. Nach einem kurzen Intro, bei dem Timberlakes Bandmitglieder zu ihren Plätzen gehen, kommt er selbst und bringt die Fans mit „Mirrors“, einem seiner größten Hits, schnell in Partylaune. Gleich danach spielt der Keyboarder das markante Riff von „Cry Me A River“ an, dem mit Achtfach-Platin ausgezeichneten Hit für seine Ex Britney Spears. Den Jubel, der ihm da entgegenschlägt, quittiert er scherzend mit: „Ah, den Song kennt ihr auch?“ 

Unspektakulärer Beginn

Es ist ein wohltuend unspektakulärer Beginn, der bewusst auf aufsehenerregende Optik und akrobatische Stunts verzichtet und so von vornherein klar macht: Bei dem heurigen Open-Air-Teil seiner „Forget Tomorrow World Tour“ steht die Musik im Vordergrund.

Mit einem schwarzen David-Bowie-T-Shirt, einer schwarzen Jacke mit Glitzer-Besatz und schwarzer Hose tanzt sich der 44-Jährige durch die ganze Show. Außer einem riesigen LED-Schirm am Bühnenhintergrund, der die Songs bunt illustriert, gibt es nur ein, zwei Mal einen Showeffekt - etwa, wenn am Steg, der in das Publikum ragt, Rauchsäulen aufsteigen. 

Timberlake verlässt sich stattdessen auf seine Performance. Immer noch tanzt er geschmeidig wie eine Katze, präzise wie einst mit seiner Boyband *NSYNC und lässt das alles erstaunlich mühelos aussehen.

Justin Timberlake concert in Sevilla, Spain

Bestechender Gesang

Noch viel wichtiger: Sein Gesang ist bestechend. Egal ob sich sein immer tanzbarer Pop mehr an Soul oder mehr an Funk oder Rap orientiert, Timberlake ist immer am Punkt und in seinem typischen hohen Falsett genauso stark wie eh und je.

Schon bald unterbricht er, um all die Transparente zu lesen, die ihm die Wiener entgegenhalten. Er signiert das von Steph. Sie hat einen Herzinfarkt überlebt und wusste nicht, ob sie je wieder ein Konzert von ihm sehen kann. Den kleinen Buben Elias, der sich ein Selfie mit ihm wünscht, holt er auf die Bühne, macht das Selfie dort vor der Kulisse der jubelnden Fans.

Von „Everything I Thought It Was“, das zwar handwerklich gut gemacht war, aber keine Leidenschaft spüren ließ, hat Timberlake nur wenige Songs im Programm. Klar, er stellte ja schon auf der US-Tour fest, dass die live keiner hören will. 

Stattdessen spielt er heute all die Fan-Favoriten seiner Erfolgsalben „The 20/20 Experience“ und „FutureSex/LoveSounds“, denen die hervorragende 14-köpfige Band mit vier Bläsern und vier Gospel-Chor-SängerInnen viele spannende Nuancen geben kann, die sie auf den Alben nicht hatten.

Entertainment-Profi mit wenig Herzblut

Leider hat all das dasselbe Manko, wie „Everything I Thought It Was“: Es ist perfekt gemacht, es gibt nichts an der Ausführung auszusetzen. Es gibt aber kaum etwas, das ans Herz geht und berührt. Auch wenn der Star des Abends immer wieder lächelt, wenn er singt oder mit dem Publikum kommuniziert, wirkt er mehr wie ein Entertainment-Profi, der seinen Job gut macht, als wie ein Musiker, der für das brennt, was er da gerade tut.

Ein Highlight gegen Ende ist „Can’t Stop The Feeling!“, ein weiteres „What Goes Around... Comes Around“.

Letzteres stimmt Timberlake wunderschön mit der akustischen Gitarre an, allerdings in verkürzter Form. Das Gleiche macht er mit ein paar anderen Hits, die man gerne länger gehört hätte. Schade. Speziell, weil dann zwar mit „SexyBack“ noch ein weiteres Highlight kommt, aber das Konzert am Ende mit etwas mehr als eineinhalb Stunden doch recht kurz war. Und insgesamt irgendwie nett, aber nicht nachhaltig beeindruckend.

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