Sara fühlt sich zwischen beiden Männern hin- und hergerissen: „Ich finde, Dreiecksbeziehungen sind das Schlimmste, was einem passieren kann“, sagt Binoche überzeugt und lacht ihr typisch erdiges Lachen: „In meinen frühen Zwanzigern befand ich mich in einer Dreiecksbeziehung mit zwei Männern – und das war schrecklich, weil es für alle nur Schmerzen bedeutet hat. Niemand will in dieser Situation sein, aber man kann auch keine Entscheidung treffen. Später habe ich es auch umgekehrt erlebt – mit einem Mann und einer zweiten Frau. Aber das ist schon lange her. In einer Dreiecksbeziehung zu leben ist für alle Beteiligten sehr schwierig. Das Thema ist schmerzhaft – und schmerzhaft war es auch, diesen Film zu drehen.“
Juliette Binoche gibt nicht nur gerne Interviews, sondern gehört auch zu jenen, die offen über Konflikte bei Dreharbeiten sprechen. Das kommt sehr selten vor. Meistens wird immer nur von allen Seiten beteuert, wie „inspirierend“ oder „großartig“ die Zusammenarbeit mit den anderen verlaufen wäre.
Nicht so Binoche. Besonders die Kollaboration mit Vincent Lindon, der ihren Langzeitfreund spielt und den Binoche an anderer Stelle als „sehr kontrollierend“ beschrieb, scheint sich als ... anstrengend ... erwiesen zu haben: „Viel Spaß beim Drehen hatten wir nicht“, erinnert sie sich lakonisch: „Das lag nicht nur am Inhalt des Films, sondern auch an der Stimmung, die zwischen Vincent, Claire und mir geherrscht hat. Vincent gehört zu jenen Schauspielern, die sich sehr quälen. Er braucht beim Spielen viel Bestätigung. Die Zusammenarbeit mit ,meinem Ex-Liebhaber’ Grégoire Colin hingegen verlief viel leichtfüßiger. Er hat Humor, ist großzügig und sehr echt. Wir haben unsere Szenen sehr genossen – und das spürt man, wenn man den Film sieht.“
Unverblümt
Was man auch spürt: Die Sympathien der Regisseurin Claire Denis liegen bei Saras Freund Jean – und nicht bei den beiden anderen Figuren, Sara und François.
Stimmt dieser Eindruck?
„Ja, das stimmt“, bekräftigt Binoche unverblümt: „Der Roman von Christine Angot, auf dem das Drehbuch beruht, ist deswegen so gut, weil er den Konflikt von allen drei Seiten durcharbeitet. Aber Claire will den Freund beschützen. Sie fühlt mehr mit ihm als den beiden anderen Personen. So habe ich es zumindest empfunden.“
Für die Schauspielerin kam diese Parteinahme umso überraschender, als das Drehbuch nichts davon vermuten ließ; zudem fielen im Schnitt auch einige von Saras Monologen der Schere zum Opfer und ließen ihre Figur weniger nachvollziehbar dastehen: „Anfänglich habe ich mich betrogen gefühlt“, gibt sie zu: „Aber dieses Risiko muss man als Schauspielerin auf sich nehmen. Man hat keine Kontrolle über den Schnitt und das Endresultat eines Films. Ich musste das akzeptieren. Ich habe Claire auch gesagt, dass ich überrascht und enttäuscht war. Aber es ist ihr Film. Meine Gefühle dazu haben sie nicht allzu sehr interessiert. Das ist okay. Das ist Teil des Geschäfts.“
Verflossene Liebe
Binoche klingt ehrlich, aber keineswegs bitter. Ob sie wieder mit Claire Denis zusammenarbeiten würde?
„Na klar. Ich liebe sie“ – und das glaubt man ihr aufs Wort. Die 59-Jährige ist keine, die sich an die Vergangenheit klammert. Zwar wäre sie früher darum bemüht gewesen, verflossene Lieben in ihr Leben zu integrieren. Doch im Lauf der Zeit – und vor allem seit der Geburt ihrer beiden Kinder – „habe ich akzeptieren gelernt, dass die Vergangenheit in der Vergangenheit liegt. Die Gegenwart ist wichtiger.“ Aber die Aussöhnung mit der eigenen Vergangenheit sei wichtig, betont sie – und schlägt den Bogen zurück zum Film, in dem Sara fatal an ihrem Ex-Lover hängt: „Ich glaube, es ist gut und wichtig, mit Menschen, mit denen man Beziehungen geführt hat, in gutem Verhältnis zu stehen. In meinem nächsten Film („La passion de Dodin Bouffan“, Anm.) arbeite ich mit dem Vater meiner Tochter zusammen (Benoît Magimel, Anm.) – das erste Mal seit zwanzig Jahren. Wir hatten Höhen und Tiefen, aber wenn wir uns heute sehen, fühlt es sich gut an. Man muss mit den Beziehungen seiner Vergangenheit Frieden schließen. Das Leben und unsere Herzen sind größer als unsere kleinen Nöte und Ängste.“
Juliette Binoche lacht wieder ihr erdiges Lachen: „Ich möchte diese Welt nicht mit Konflikten in meinem Herzen verlassen.“
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