Josefstadt: Die Eingroschenoper

Josefstadt: Die Eingroschenoper
Kritik: Hans Falladas Roman „Jeder stirbt für sich allein“ als zähes Musical ohne interessante Musik.

Vielleicht waren ja auch die Erwartungen zu hoch. Andererseits: Ist das nicht ein gutes Zeichen, dass wir von Theater noch viel erwarten?

Das Theater in der Josefstadt, gestärkt durch einen Erfolgslauf und sensationelle Auslastungszahlen, hat den wütenden Widerstandsroman „Jeder stirbt für sich allein“ von Hans Fallada nicht nur dramatisiert, sondern von dem Musiktheater-Experten Franz Wittenbrink in eine Art moderne Oper verwandeln lassen. Ein gewagtes Unternehmen, aber  warum soll man am Theater nicht auch einmal etwas wagen?

Auf der Homepage des Theaters wird die Musik ausdrücklich zu Kurt Weill und zu John Kanders „Cabaret“ in  Bezug gesetzt. Daher kann man gar nicht NICHT vergleichen. Allein: Franz Wittenbrink gelingen weder so packend schroffe Gassenhauer wie Kurt Weill, noch solche unwiderstehliche Hits, von denen „Cabaret“ übervoll ist.

 

Josefstadt: Die Eingroschenoper

Routine

Zu hören ist eine mäßig inspirierte Mischung aus Jazz, Pop und viel Routine, die ohne Höhepunkte dahingleitet. Das Ergebnis ist eine Eingroschenoper, ein  erstaunlich langweiliges Musical, das fast drei Stunden lang (inklusive Pause) auf die Suche nach großen Melodien geht, ohne eine einzige zu finden.

Man hat beim Zuhören und Zuschauen ständig das unangenehme Gefühl, alle mühen sich bis zur Erschöpfung ab, um diesem Abend interessante Momente abzuringen. Mit wenig Erfolg.

Widerstand

Susanne Lütje und Anne X. Weber haben das Libretto geschrieben, sie folgen in den wesentlichen Erzählsträngen Hans Fallada und erzählen die Geschichte des Ehepaares Quangel, das verzweifelt Widerstand gegen Hitler leisten will. Gleichzeitig wird ein Soziotop der Gesellschaft des Nazireichs entworfen – vom Mitläufer bis zum korrupten SS-Mann. Man merkt: Das hätte eine interessante Dramatisierung werden können. Die Songtexte sind dagegen eher bemüht.

 

Josefstadt: Die Eingroschenoper

Die fünfköpfige Band um Christian Frank am Klavier spielt swingend, klingt aber gleichzeitig ein wenig brav und steif, vielleicht sind die Arrangements einfach zu nett.

Das Josefstadt-Ensemble gibt alles, gesungen wird halt nicht übermäßig gut, manche Melodie wackelt gefährlich. Michael Dangl und Susa Meyer sind als Ehepaar berührend, Claudius von Stolzmann hat als Gauner, der zum Opfer wird, starke Momente. Am besten ist Raphael von Bargen als Kommissar mit Gewissensbissen.

Josef E. Köpplinger hat unauffällig inszeniert.

Übrigens: Die Bühne (Walter Vogelweider), die ist toll. Das brutalistische Bühnenbild sieht aus wie das uneheliche Kind einer wilden Affäre eines Zinshauses mit der Wotruba-Kirche.

 

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