Die NS-Zeit gehört nicht nur ins Revier eines einzelnen Museums

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Für KHM-Generaldirektor Jonathan Fine ist der Standort für das Haus der Geschichte nicht unbedingt verknüpft mit dem Hitler-Balkon

Das Haus der Geschichte Österreich (HdGÖ) war als jenes der Republik gegründet worden. Eben weil es sich facettenreich mit der Geschichte der Republik samt der Genese (seit der bürgerlichen Revolution 1848) beschäftigen soll. Was am gegenwärtigen Standort nicht gelingen kann: Direktorin Monika Sommer beklagte immer wieder den Platzmangel.

2023 beschloss daher – so die APA – „die Regierung die Übersiedlung des HdGÖ mit 2028 von der Neuen Burg am Heldenplatz in das Museumsquartier (MQ)“. Bettina Leidl, die Chefin des Areals, ging frisch ans Werk, ein Architekturwettbewerb wurde ausgelobt. Die Entscheidung fiel einstimmig (auch mit der Stimme von Sommer) für den Entwurf von Laurids Ortner, der das von ihm geplante MQ mit den Monolithen (Leopold Museum und Mumok) um eine neue Formensprache ergänzte. Bisher wurden 1,5 Millionen Euro in das Projekt investiert, die Entwurfsphase ist abgeschlossen, um die Baugenehmigung hat man bereits angesucht.

Doch dem Anschein nach ist das HdGÖ gar nicht so glücklich über weit mehr Ausstellungsfläche. Man schickte Stoßgebete an den neuen Kulturminister. Andreas Babler (SPÖ) erklärte im April, das Projekt evaluieren zu lassen; erst zu Jahresende wolle er darüber entscheiden.

Wie er zu entscheiden habe, legten ihm in der Folge Personenkomitees nahe: Im Mai plädieren rund 50 Historiker in einem offenen Brief für einen Verbleib des Museums in der Neuen Burg mit dem Altan, von dem aus Adolf Hitler im März 1938 den „Anschluss“ ans Deutsche Reich verkündet hat: „Kein anderer Ort steht so klar für die Begeisterung und damit Mitverantwortung der österreichischen Bevölkerung für den Nationalsozialismus.“

Doch die Angelegenheit ist komplex. Für den „Hitler-Balkon“ ist die Burghauptmannschaft zuständig – und nicht das HdGÖ. Zudem ist das Museum bloß Untermieter des Kunsthistorischen Museums, das die Räume neben dem Ephesos Museum schon seit Jahren für die Relieftafeln des Heroons von Trysa nutzen will: Sabine Haag, Generaldirektorin bis Ende 2024, ließ die Trägerstruktur mit viel Stahlbeton verstärken. Auch Nachfolger Jonathan Fine bekennt sich zu diesem Vorhaben: „Das Heroon ist mehr oder weniger in derselben Zeit entstanden wie der Parthenon, für mich sind die Tafeln ein zentrales Werk der europäischen Geschichte und sollten dauerhaft ausgestellt werden.“

Er steht einem HdGÖ in der Neuen Burg daher reserviert gegenüber. Und seine Argumente, von Ihrem Tratschpartner eingeholt, sind luzide: „Ich finde, dass es für das Haus der Geschichte dieser Republik einen besseren Ort braucht als das Stiegenhaus eines kaiserlichen Schlosses. Und ich bin nicht davon überzeugt, dass die Frage des Standorts für das Haus der Geschichte unbedingt angeknüpft werden muss an die Frage, wie man dort, am Heldenplatz, an die NS-Zeit erinnert beziehungsweise wie man den Altan bespielt. Ich finde, das ist eine zu sensible Frage – und eine Frage, die nicht in das Revier eines einzelnen Museums gehört. Sie muss öffentlich diskutiert werden.“

Jonathan Fine ist zuversichtlich: Er gehe nach seinen Gesprächen mit Babler davon aus, dass der Kulturminister „eine Lösung im Interesse aller, insbesondere der Republik“ findet, „und sich nicht auf dem imperialen Provisorium, das wir ja gerne zur Verfügung stellen, seiner Vorgänger ausruhen will und wird“. Das sitzt.

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