Ausstellung und Filmschau: Being John Malkovich ... äh ... John Smith

Menschen gehen über die Straße.
Die Wiener Secession widmet den kurzweiligen Arbeiten des britischen Avantgarde-Filmemachers John Smith eine Ausstellung. Seine Filme laufen zudem im Filmmuseum.

Es ist nicht leicht, John Smith zu heißen, sagt John Smith. Wer auf Google seinen Namen eingibt, erhält an die 35 Millionen Ergebnisse. Wer die Suche auf die Schlagworte „John Smith“ und „Film“ einschränkt, erhält „nur“ noch sechseinhalb Millionen – die meisten davon in Zusammenhang mit Captain John Smith aus dem Disney-Film „Pocahontas“. „Wer also nicht den Namen meiner Filme kennt, hat praktisch keine Chance, mich online zu finden.“

In der Tat ist einer unter den 30.000 Menschen, die in Großbritannien leben und John Smith heißen, ein versierter Filmemacher. Er ist der John Smith, hat seit 1972 über 60 Filme, Videos und Installationen geschaffen, wurde international ausgestellt und ist derzeit in der Wiener Secession in der Ausstellung „Being John Smith“ zu sehen.

Ein Mann hält eine Kamera und schaut damit direkt ins Bild.

Der britische Filmemacher John Smith ist auf Besuch in Wien. 

Zeit seines Lebens hat John Smith, geboren 1952 in East London, seine Arbeiten, die ihren Ausgang immer in der unmittelbaren Umgebung des Künstlers nehmen, an der Schnittstelle von Konzeptkunst, Avantgardefilm und Doku entfaltet. Besonders in seinen frühen Werken nahm er den Illusionscharakter des Mainstreamkinos ins Visier, exemplarisch vorgeführt in seinem wohl bekanntesten Kurzfilm „The Girl Chewing Gum“ von 1976, einem Meilenstein in der Geschichte des Avantgarde-Kinos.

Smith positionierte eine Kamera an einer belebten Straße in East London und filmte die Passanten. Dazu gab er aus dem Off Regieanweisungen und erweckte dadurch den Eindruck, als würde er die Bewegungen der zufällig vorbeigehenden Menschen und Tiere dirigieren und orchestrieren: „Zwei Tauben fliegen vorbei und das Mädchen, das Kaugummi kaut, kommt von links.“

Das Spannungsfeld zwischen Bild und Kommentar führt zu komischen Effekten, etwa dann, wenn er einem harmlosen Spaziergänger wilde Hintergrundgeschichten andichtet: „Dieser Mann versucht harmlos auszusehen, aber er hat gerade die Postfiliale ausgeraubt.“

Unzuverlässiger Erzähler

Das Verhältnis von Bild, Ton, gesprochener Sprache und Text beschäftigt Smith durchgehend in seinen Arbeiten, zumal er sich selbst als „unzuverlässiger Erzähler“ zu erkennen gibt. In der Secessionsausstellung sind drei seiner Filme zu sehen, darunter sein jüngstes, höchst kurzweiliges Werk „Being John Smith“ (2024). Stark autobiografisch gefärbt, beginnt das 27 Minuten lange Video mit Babygeschrei und umfasst die Lebensgeschichte des Künstlers. Wieder kommentiert er aus dem Off die eingeblendeten Filmbilder, die von Jugendfotos seiner Eltern bis hin zu den Köpfen unzähliger Menschen reichen, die alle John Smith heißen: „Meine Eltern wollten mich Ian nennen, aber mein Cousin Ian Smith kam ein paar Wochen früher auf die Welt und sie mussten sich schnell eine Alternative überlegen.“

Mit trockenem Humor rekapituliert der Filmemacher das Unbehagen, das ihm sein 08/15-Name („Soll ich ihn buchstabieren?“) seit Jugendjahren bereitet, erzählt Anekdoten aus seinem Leben, darunter eine Zufallsbegegnung mit Paul McCartney, und berichtet von einer überstandenen Krebserkrankung.

Während Smith seine eigenen Bilder kommentiert, werden zusätzlich Bildunterschriften eingeblendet, die das Gezeigte und das Gesagte nochmals infrage stellen, wenn es heißt: „Ich mache mir Sorgen, dass dieser Film zu konventionell wird.“

Ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist sein zwischen Horror und Komik schwankender Film „The Black Tower“ (1985–1987): Wieder verbindet Smith Geräusche aus seinem Alltag wie das Klappern des Geschirrs mit Bildern von Straßenansichten aus der Nachbarschaft. Plötzlich schiebt sich ein schwarzer Turm ins Bild und droht, die Wirklichkeit zu verschlingen. Obwohl es sich immer um dasselbe Gebäude handelt, entsteht durch geschickte Montage der Eindruck, der schwarze Turm würde den Ich-Erzähler absichtsvoll verfolgen.

In dem fünfminütigen Video „Dad’s Stick“ (2012) schließlich erinnert sich der Filmemacher anhand eines Stücks Holz an seinen Vater, zu dessen Lieblingsbeschäftigungen Handwerksarbeiten im Eigenheim zählten.

Alle drei höchst sehenswerten Filme werden in mit schwarzem Samt ausgeschlagenen, kinoähnlichen Räumen in der Galerie der Secession präsentiert, flankiert von Requisiten, die sich meist in den Filmen wiederfinden: So ist beispielsweise der Original-Holzstab aus „Dad’s Stick“, mit dem der Vater immer seine Farben anrührte, in einer Vitrine präsentiert.

Er habe den Stab für 100.000 Euro versichern lassen wollen, scherzt John Smith beim Ausstellungsrundgang mit Blick auf die Vitrine: „Darin stecken 50 Jahre Kindheitserinnerung.“

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