„Je mehr sich die Sänger bewegen, desto besser singen sie“

Ingo Metzmacher und Jan Lauwers
Am Sonntag hat "Intolleranza 1960" von Luigi Nono bei den Salzburger Festspielen Premiere - mit 200 Menschen auf der Bühne

Luigi Nonos szenische Aktion „Intolleranza 1960“ hat am Sonntag bei den Salzburger Festspielen in der Felsenreitschule Premiere. Nun gaben Regisseur Jan Lauwers und Ingo Metzmacher, der die musikalische Leitung hat, erste Einblicke in die Neuinszenierung. „Die Musik ist von überwältigender Kraft“, war Metzmacher nach dem ersten Durchlauf der Oper selbst beeindruckt.

Nonos Musik habe etwas Archaisches, er gehe sehr weit zurück in der Musikgeschichte. „Die Musik ist sehr organisiert, nach einem sehr genauen Plan geschrieben“, sagte Metzmacher. Man spüre das Herzblut, mit dem Nono gearbeitet habe. „Dem kann man sich kaum entziehen.“

Kaum entziehen wird sich das Publikum auch den Bildern, die Lauwers auf der Bühne der Felsenreitschule entstehen lässt. Rund 200 Menschen - der Chor, Tänzer, Sänger und Schauspieler - werden ständig in Bewegung zu sehen sein. „Alle sind gleichzeitig auf der Bühne“, erläuterte der Regisseur. Er wolle zeigen, wie Menschen zusammenwirken. Das sei gerade nach Corona wichtig für ihn.

Damit sich alle für Improvisation und die intuitive Bewegung auf der Bühne öffnen, müssen sich alle Mitwirkenden eine halbe Stunde vor der eigentlichen Probe zu Discomusik aufwärmen. Der Effekt: „Je mehr sich die Sänger bewegen, desto besser singen sie“, bemerkt Lauwers ein ganz neues Körpergefühl. „Es ist ein Geschenk für mich, wie sehr sich die Sänger mit den Tänzern verbinden“, meinte der Regisseur: „Die Sänger werden tanzen. Aber keine Sorge: Die Tänzer werden nicht singen.“

Der niederländische Theaterarbeiter, der 1986 in Brüssel die Needcompany gegründet hat, will außerdem Vielfalt zeigen. „Es ist schwer, Intolleranza ohne einen multikulturellen Zugang zu denken. “Black lives matter„ oder “#MeToo„ - all diese Bewegungen spielen da hinein.“ Der Regisseur hat bei der Besetzung der einzelnen Rollen großen Wert auf Diversität gelegt. „Wir haben mehr als 20 Nationen auf der Bühne“, sagte Lauwers. Das bringe ganz spezielle Emotionen in die Inszenierung.

Ihm ist es auch wichtig, nicht nur die brutalen Seiten von „Intolleranza“ herauszuarbeiten, sondern auch die emotionalen. „Ich möchte in all dem auch die Poesie und die Hoffnung zeigen“, begründet Lauwers, warum er die Rolle eines blinden Poeten neu in das Stück eingeführt hat. Insgesamt sei „Intolleranza 1960“ ein zeitlos gültiges Werk. „Es geht nicht um 1960. Es ist 2021 genauso gültig wie bei der Uraufführung“, meinte der Regisseur.

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