"Keine Hoffnung, Baby!": Die heile Welt zerbröselt unweigerlich

Emma Meyer, Crispin Hausmann, Bernadette Leopold, Julius Béla Dörner und Diyar Agit
Jakob Leanda Wernisch, 2002 in Wien geboren, wandelt mit hohem Ton auf den Spuren von Jura Soyfer: Sein Stück „Keine Hoffnung, Baby!“, das er dieser Tage im Max Reinhardt Seminar als Diplominszenierung zur Uraufführung brachte, weist gleich mehrere Bezüge zu „Der Weltuntergang oder Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang“ (aus 1936) auf.
Es droht zwar kein Komet die Erde zu zerstören, aber die nachdenkliche Rike hat – wie Professor Guck bei Soyfer – das Datum des Weltuntergangs errechnet. Und die Lösung ist ebenfalls die Liebe: Gleich drei Paare wollen noch ganz schnell heiraten. „Wir sind glücklich bis ans Ende unserer Tage, bis ans Ende der Welt“ skandieren sie, festlich weiß gewandet, in einer an „Saturday Night Fever“ erinnernden Disco-Tanz-Szene.
Vielleicht kann man es Fugitismus nennen: „Keine Hoffnung, Baby!“ spielt auf einer palmenbestandenen Insel der Seligen samt Partyzelt und Tanzpodium (Bühne von Ida Bekic und Leon Taege). Doch nicht die abgeklärte, sich hallverstärkt auskotzende Rike (Antonie Lawrenz), umgarnt von einem Rosenkavalier (Emma Meyer), steht im Zentrum der Inszenierung, sondern die feinfühlige Klara, die ins All abgetaucht war, um über sich und ihren Bräutigam, Kid gerufen, nachzudenken: Gemeinsam schmettern Bernadette Leopold und Julius Béla Dörner „From a Distance“ von Bette Midler – und später herzergreifend „I Know Him So Well“.
Ja, „Keine Hoffnung, Baby!“ ist, wie Jura Soyfers „Weltuntergang“ (gegenwärtig auch im Volkstheater zu sehen), auch eine Revue. Und Jakob Leanda Wernisch bietet seinen Kolleginnen und Kollegen vom Seminar genügend Gelegenheiten, sich tänzerisch in den Vordergrund zu spielen – etwa mit Darbietungen an der zur Palme drapierten Pole-Stange.
Immer nur kurz angerissen, wird das gesamte Programm abgehandelt – vom „Yes!“ über den Toast, das Posing fürs Foto bis zur Schlagoberstorte. Und doch lässt sich die heile Welt nicht aufrechterhalten: Mia (Elena Pfeiler), Flüchtling in verdrecktem Plastik, taucht ungeladen auf. Woge (gespielt von Diyar Agit, der für einen Nachwuchs-Nestroy nominiert ist) träumt vom „revolutionären Suizid“: Er seift den geliebten Wolle (Crispin Hausmann) ganz sanft ein, um ihm dann äußerst drastisch die Kehle durchzuschneiden. Sich selbst das Leben zu nehmen, schafft der Versager, ein Hitler-Verehrer, nicht. Und schließlich entpuppt sich noch Klaras Mann als zynisch und brutal.
Tiefe Traurigkeit nach eindreiviertel Stunden – trotz aller gesungener Liebesschwüre.
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