„Isacco“ in der Kammeroper: Der Engel mit der Nachttischlampe

„Isacco“ in der Kammeroper: Manche Szenen wirken plakativ.
Von: Susanne Zobl
Marianna Martines (1744 – 1812) musizierte mit Mozart, lernte bei Haydn, komponierte und war als Sängerin und Cembalistin anerkannt. Der Dichter Pietro Metastasio war einer ihrer Förderer. Dessen Libretto „Isacco. Figura del Redentore“ vertonte sie zu einem Oratorium.
Stefan Herheim, Intendant des MusikTheaters an der Wien, zeigt das Werk in der Kammeroper: Regisseurin Eva-Maria Höckmayr verlegt den biblischen Stoff über Abraham, der seinen Sohn Isaak opfern soll, in eine Familie von heute. Sie lässt das Ensemble wie in einem Oratorium mit Noten in der Hand beginnen. Florian Schöffels eindrucksvolle Videoprojektionen vergrößern die kleine Bühne in eine düstere Wohnung. Türen, die sich langsam öffnen, bedrohliche Figuren, die auf ein Kind zuschreiten, suggerieren zu Beginn so etwas wie Spannung.
Im Laufe der Handlung aber verrätseln die Bilder im Hintergrund, was die Regisseurin eigentlich zeigen will. Ist der Vater ein Missbrauchstäter? Sind beide Eltern von religiösem Wahn gesteuert?
Metastasio erzählt den Isaak-Stoff als Prolog zur Erlösungsgeschichte. Ob Höckmayr darauf hinweist, wenn sie am Ende einen Engel und ein Kind die Lichter an einem Christbaum anzünden lässt, erschließt sich nicht. Manche Szenen wirken plakativ, etwa wenn ein Engel mit einer Nachttischlampe in der Hand erscheint. Oder wenn Schafe im Video auftauchen, wenn im Libretto von Herden die Rede ist. Und manches wirkt karikaturhaft, etwa wenn Sara einem Sänger das Messer anhält, während der seine Koloraturen vorträgt.
Verzicht auf Schönklang
Isaak wird von einem Kind und dem herausragenden Sopranisten Dennis Orellana dargestellt. Wie ein Stimmakrobat meistert er virtuos die Koloraturen mit vokaler Kraft und Ausdruck.
Dass man die Musikdramatikerin Martines kennenlernt, liegt am Ensemble. Sophie Gordeladze ist eine expressive Sara. Auch sie intoniert fulminant. Ihr Sopran klingt in allen Lagen schön. Bariton Christian Senn ist nicht nur ein vokal vorzüglicher Abraham, sondern auch ein feinnerviger Darsteller. Anle Gou und Andjela Spaic ergänzen mehr als achtbar.
Das Bach Consort Wien wird von Chiara Cattani grob geführt. Sie verzichtet auf jeden Anflug von Schönklang. Sie peitscht das Werk durch und lässt zu, dass die Musik jäh abbricht. Warum, erschließt sich nicht. Dass man dennoch Stärken dieser Partitur erkennt, ist ein Plädoyer, dieses öfter aufzuführen. Uneingeschränkte Zustimmung vom Publikum.
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